Zitat von BussinchenKommentar von eurer Wikipedianerin Bussinchen: Ich werde den deutschen Wikipedia-Artikel editieren und den Link dort einfügen. Dieser Link fehlt bislang, ist m.E. jedoch gerade für philologisch Interessierte, die doch meist auch des Englischen und Französischen mächtig sind, sehr wichtig.
/done
Ich habe in den deutschen Wikipedia-Artikel über Priscian folgende Zeile eingefügt:
Stimmt. Das könnte durchaus so sein. Klingt mir plausibel. Gibt es mehr solche Beispiele wie mello und inequito? Es wäre gut, wenn wir zwei Verben finden könnten, wo es so ist, wie du beschreibst, und wo wir genau wissen, welche Formen existieren..
Wir haben halt noch wenig Erfahrung mit dem L&S. Beim Duden hingegen kennst du schon alle Dudenschen Gepflogenheiten und weißt genau, wie man was zu interpretieren hat.
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Ich habe eben mal eine kleine Stichprobe gemacht mit distare, wo in der Rubenbauer/Hofmann-Grammatik steht, dass es kein Perfekt gibt, und mit ambulare, einem 0815-Verb, von dem ich weiß, dass es ganz normal und komplett ohne Einschränkungen (außer, was das Passiv betrifft; siehe Hinweis v.n.) nach dem Schema von laudare konjugiert wird.
Die Treffer zeigen Folgendes:
di-sto, āre (I. perf. distiti, only Boëth. in Porphyr. 4, p. 89), v. n., to stand apart, to be separate, distant (freq. and class.). I. Lit. (cf. absum), absol. : quantum summa labra (fossae) distabant, Caes. B. G. 7, 72, 1; cf. id. ib. 4, 17, 6; Cic. Phil. 2, 27, 67; Liv. 33, 1; Ov. M. 2, 241 et saep.—With inter se : turres pedes LXXX. inter se distant, Caes. B. G. 7, 72 fin. : trabes inter se binos pedes, id. ib. 7, 23, 1; cf. id. B. C. 2, 10, 2: inter se modicum spatium, Liv. 8, 8, 5: usw.
ambŭlo, āvi, ātum, 1, v. n. regarded by Doed. as a sort of dim. of ambio, but better regarded as comp. of am- and the root of βαινω, beto, -bito, baculum = βακπρον, vado, venio; Sanscr. gā = go; Germ. gehen; Engl. go. Curtius. I. Lit. A. In gen., to go about, to walk : cum illā neque cubat neque ambulat, Plaut. Bacch. 4, 8, 56: si non ubi sedeas locus est, est ubi ambules, id. Capt. prol. 12: quem ad modum quis ambulet, sedeat, Cic. Fin. 5, 17, 47: sedetur, ambulatur, Varr. L. L. 6, 1, p. 72 Müll.: ambulatum est, Cic. Leg. 2, 1, 1; usw.
Hier wird bei ambulo also zwar die 1 für die 1. Konjugation angegeben, zusätzlich aber noch der Perfektstamm und der Supinstammm bzw. das PPP.
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Wenn im Duden schon manchmal Ungereimtheiten in der Handhabung der Angaben vorkommen, und wenn im italienischen Zingarelli auch manchmal Seltsames steht, was erst interpretiert werden muss, warum sollte es dann bei dem alten L&S anders sein... <seufz> ...
Aufgrund des Kreuzes ‡ rückt das Verb CUSO, CUSARE meiner Meinung nach in die Nähe der Hapax legomena, d.h. es könnte sogar sein, dass CUSO, CUSARE überhaupt nur bei Priscian belegt ist und sonst nirgends. Ich vermute, dass es einen Hinweis im L&S gäbe, wenn dieses Verb außer bei Priscian auch noch bei irgendeinem anderen Grammatiker belegt wäre.
Meine Quintessenz aus allem bisher Gesagten ist nun Folgendes:
Ungeachtet der Tatsache, dass das von CUDO, CUDERE abgeleitete Frequentativum CUSO, CUSARE ein ganz regelmäßiges, transitives -are-Verb ist, von dem sich alle Formen inkl. Passivformen problemlos bilden ließen, revidiere ich meine bisherige Meinung und plädiere aufgrund des Kreuzes ‡ nunmehr dafür, dass außer den Formen CUSO und CUSARE keine weiteren Beugungsformen ins latin.dic aufgenommen werden, weder Formen des Perfektstammes noch irgendwelche Formen des Präsensstammes, auch keine Infinitive, keine Partizipien und kein Supin auf -u.
Wenn wir die Grundsatzentscheidung Wie wir mit Wörtern verfahren, die im L&S mit einem ‡ versehen sind zugrunde legen, dann müssten von Rechts wegen sogar die Formen CUSO und CUSARE als unzulässig eingestuft werden, was ich doch irgendwie schade fände. Ich bin mit unserer Grundsatzentscheidung seit dem Fall CUSO, CUSARE eigentlich nicht mehr recht glücklich. Vgl. hierzu mein Posting #15.
Lieber Linhart, auch wenn es nervt (erst hü!, dann hott!): Was hältst du von meiner totalen Kehrtwendung?
Ich schlage vor, wir warten mal ab mit einer definitiven Entscheidung, bis du die Listen von Clint Hagen studiert hast und sagen kannst, was im Hinblick auf die maschinelle Erfassung verschiedener Wortkategorien für dich mit vertretbarem Arbeitsaufwand möglich ist und was nicht.
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PS: Armer Priscian, es tut mir ja wirklich leid für dich...
Ein im Zusammenhang mit CUSO interessantes Beispiel ist vielleicht AGITO. Das wird als Frequentativum von AGO bezeichnet "as if the supine were agitu". Auch von CUDO gibt es ja eigentlich keine Supinum CUSU. Bemerkenswert ist aber, dass bei AGITO die Perfektformen dabeistehen, bei CUSO dagegen nicht.
Ja, stimmt, sehr komisch! Da ist L&S aber auch inkonsequent in seiner Handhabung: Es müsste bei CUSO ja dann auch dabeistehen "as if the supine were cusu".
Aber vielleicht hängt die unterschiedliche Handhabung damit zusammen, dass es bei CUDO möglicherweise doch ein Supin CUSU gegeben haben könnte, das nur leider nirgends belegt ist, während bei AGO, EGI, ACTUM, AGERE das Supin bzw. PPP ACTU(M) sehr wohl belegt ist und eine eigentlich falsche Ableitung AGITO statt "ACTO" erfolgt ist. Außerdem ist AGITO nicht mit einem Kreuz ‡ versehen. CUSO rückt halt, wie ich schon gesagt habe, in die Nähe eines Hapax legomenon, wenn es wirklich nur bei Priscian belegt ist. Eigentlich wäre es dann richtig gewesen, wenn der Lemmateintrag CUSO, CUSARE im L&S außer dem Kreuz auch noch ein Sternchen hätte: ‡ * CUSO, CUSARE (vgl. file.php?url=http%3A%2F%2Ffiles.homepagemodules.de%2Fb17085%2Ff179t1049p9867308n1.jpg&r=1&content=RE%3A+CUSO). Es würde mich mal interessieren, ob es im L&S solche Einträge mit Kreuz und Asterisk gibt.
Aber eine hochinteressante Beobachtung, Linhart! Danke für deinen Hinweis!
Ich bin mit dem derzeitigen Stand von CUSO doch nicht zufrieden. Aus der Eintragung in L&S kann man überhaupt nicht entnehmen, dass es außer CUSO und CUSARE keine Formen des Präsensstammes gibt. Wir müssen ja konsequent sein. Was soll ich denn bei anderen analogen Fällen machen? Es gibt anscheinend viele Verben ohne Perfektformen. Ich denke, dass dann normalerweise alle Präsensformen gültig sind. Nur wenn explizit angegeben ist, dass nur bestimmte Formen vorkommen, kann ich das berücksichtigen.
Hier sind einige Beispiele:
* cāio, āre, v. a., to beat, cudgel, Fulg. Cont. Virg. * fāno, āre, v. a. [fanum], to dedicate, consecrate : quod sacrificio quodam fanatur, id est ut fani lege sit, Varr. L. L. 6, § 54. † līo, āre, v. a., = λειοω, λειω, to make smooth, plaster over : cisternam liare, Tert. Idol. 5; Apic. 5, 1, § 186. rĕto, āre, v. ‡ retae.
Lemmaeintrag: [1851] cūso, āre, Frequ. v. cudo, Prisc. 10, 24.
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Ich sage ja: An sich besteht bei einem Verb wie CUSARE (1. bzw. a-Konjugation) überhaupt kein Zweifel, dass es • einen regelmäßigen Präsensstamm gegeben hat: Präsens CUSO, CUSAS, CUSAT,... / Imperfekt: CUSABAM, CUSABAS,... / Futur: CUSABO, CUSABIS,... usw., Analoges gilt für den Konjunktiv. • einen regelmäßigen Perfektstamm CUSAV- gegeben hat: CUSAVI, CUSAVISTI, CUSAVIT,... usw.
Es ist halt das Kreuz ‡, das uns zu schaffen macht. Oder? Nur deshalb hatte ich doch meine anfängliche Meinung revidiert.
Ich vermute stark, dass eben nur die Formen CUSO und CUSARE konkret belegt sind und uns einzig und allein bei/durch/dank Priscian überliefert sind. Das war es, was ich meinte, als ich sagte, dass dieses Verb in die Nähe eines Hapax legomenon rückt. Ich denke, wenn noch andere Belegstellen für CUSO, CUSARE überliefert wären, dann hätte der L&S diese weiteren Belegstelle(n) zusätzlich zu der Priscian-Stelle sicher auch noch angegeben.
Aber wissen kann ich das auch nicht. Um das zu eruieren, bräuchten wir Zugang zur gesamten überlieferten und digitalisierten lateinischen Literatur, was wir leider nicht haben.
Wenn wir richtig wissenschaftlich vorgehen würden (was natürlich toll wäre!), müssten wir eigentlich Zugang zum Thesaurus Linguae Latinae haben: Möglicherweise könnten wir dort fündig werden. Ich verweise aber auf meinen Beitrag Weitere nützliche Links fürs latin.dic von Scrabble3D (2), wo ich bereits geschrieben hatte, dass wir aus Kostengründen leider nicht mit dem Thesaurus arbeiten können, siehe http://www.degruyter.de/cont/fb/at/detai...9783110229561-1.
Lieber Linhart, vielleicht könntest du ja mal an deiner Uni Salzburg nachforschen, ob du als Emeritus über die Bibliothek nicht eventuell Zugang zum Thesaurus Linguae Latinae kriegen könntest. Vielleicht könntest du deine Kontakte zu unserem Vorteil und zum Wohlergehen von Scrabble3D geschickt ausnutzen, auch wenn du kein Altphilologe bist. Wäre da vielleicht etwas machbar? Das ist nur so ein Gedanke von mir. Probier doch einfach mal... Mehr als Nein können die auch nicht sagen. Was hätten wir zu verlieren?!
Noch mal zurück zu CUSO, CUSARE: Was soll ich dazu sagen... Ich weiß mir im Moment keinen Rat...
Zu * cāio, āre, v. a., to beat, cudgel, Fulg. Cont. Virg. * fāno, āre, v. a. [fanum], to dedicate, consecrate : quod sacrificio quodam fanatur, id est ut fani lege sit, Varr. L. L. 6, § 54.
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Hapax legomena (durch Asterisk gekennzeichnet) stellen sowieso grundsätzlich ein Problem dar, eben weil nur ein einziger Beleg in der gesamten überlieferten Literatur vorhanden ist und sonst nichts.
Meiner Meinung nach bringt es für unsere Zwecke eigentlich nichts, bei jedem Problemwort die alten Schriften oder Thesauri zu studieren. Der Sinn einer Scrabble-Wortliste ist ja nicht, zu dokumentieren, welche Formen tatsächlich verwendet wurden. Es geht nur um eine möglichst klare Abgrenzung zwischen Wörtern, die gelegt werden dürfen, und solche, die es nicht dürfen. Auch im Deutschen wird ja normalerweise nicht nachgeforscht, welche Formen irgendwo belegt sind. Wenn im Duden keine Einschränkungen gemacht werden, dann sind einfach alle Formen gültig, und basta. Schließlich muss der Scrabble-Spieler ja auch eine Chance habe, die Gültigkeitsentscheidungen nachzuvollziehen.
Ich möchte daher nur klare Regeln (Grundsatzentscheidungen), wie wir die L&S-Eintragungen interpretieren. Für das Zustandekommen einer Grundsatzentscheidung kann natürlich das Studium des Auftretens einzelner Wörter sehr hilfreich sein, aber am Ende muss eine Regel stehen, die für alle analogen Fälle gilt, egal ob sie in der Literatur belegt sind oder nicht.
Wenn also in L&S nicht ausdrücklich steht, dass nur gewisse Formen vorkommen, dann sind meiner Meinung nach alle zulässig. Die Sternmarkierung alleine hilft gar nichts, denn wenn z.B. caio nur einmal belegt ist, dann dürfte nicht einmal -are dabeistehen.
Natürlich wäre es gut, wenn wir irgendwann einmal eigene Kategorien für die mit Stern oder Kreuz markierten Wörtern anlegen könnten. Aber das ist vorläufig reine Zukunftsmusik
Ich kann deine Argumentation absolut nachvollziehen. Natürlich können wir bestimmen, dass immer dann, wenn die 1. Person Singular Indikativ Präsens und der Infinitiv Präsens Aktiv angegeben ist (so wie bei CUSO, CUSARE), sämtliche Formen des Präsensstammes zulässig sein sollen, egal ob das Wort mit einem Asterisk, einem Kreuz oder sonst einer Markierung versehen ist. Das wäre zwar eine willkürliche, aber vielleicht doch die einfachste und nachvollziehbare Entscheidung/Regelung/Interpretation.
Probleme ergeben sich eventuell bei den Präsens-Passiv-Formen, falls z.B. nicht v.a. oder v.n. dabei steht.
Ich berate mich am besten auch mal mit Gero. Du schreibst: "Wenn im Duden keine Einschränkungen gemacht werden, dann sind einfach alle Formen gültig, und basta." Aber ist es wirklich so einfach? Ich erinnere mich nämlich an seltsame deutsche Duden-Fälle wie z.B. die Halswehe, wo Gero doch auch nicht einfach nach Schema F gegangen ist. Gleichzeitig ist mir schon klar, dass man CUSO, CUSARE und HALSWEHE nicht unbedingt über einen Kamm scheren kann, denn nach meinem Ermessen dürften bei CUSARE tatsächlich sämtliche denkbaren Verbformen möglich sein, während es HALSWEHE eben nicht gibt, obwohl diese Einschränkung nicht im Duden vermerkt ist. Was ich in Frage stelle ist eben nur, ob man wirklich so vorgehen kann, wie du meinst (siehe kursives Zitat)...
Es ist aber auch verdammt schwierig...
Klare Regeln müssen aber auf jeden Fall unser Ziel sein.
Du hast schon recht, so ganz einfach ist das mit dem Duden auch nicht. Aber du musst bedenken, dass wir im Deutschen schon ein paar Jahre weiter als im Lateinischen sind. Und da gibt es auch noch die Dudenredaktion, die man fragen kann, und die eventuell gewisse Fehler zugeben kann ...
Jetzt habe ich ein gutes Beispiel für ein Verb ohne Perfekt-Formen gefunden:
ex-sto (ext-), āre, v. n. (part. fut. exstaturus, Plin. 17, 22, 35, § 7; Pand. 47, 2, 78 al.), to stand out or forth, to project, to stand above.
Das ist ein ganz normales lateinisches Wort. Und obwohl das Grundwort STO ein Perfekt hat, gibt es hier keines. Es ist aber klar, dass alle Formen des Präsensstammes erlaubt sind (ohne Passiv, wegen v.n.).
Stimmt! Ich kann nichts anderes als dir Recht geben (will ich abgesehen davon auch gar nicht! ). EXSTO, EXSTARE ist ein sehr gutes Beispiel!
Willst du dann also sagen, dass alle Präsensstamm-Formen von ‡CUSO, CUSARE gültig sein sollen? Aber was machen wir mit dem Passiv?
Es ist halt nach wie vor ein Kreuz mit dem Kreuz ‡. Rein vom Gefühl her gefällt mir diese Präsensstamm-Lösung nicht so gut, wenn ich zu wissen glaube, dass nur bestimmte Formen (in unserem Fall die Formen CUSO und CUSARE) nur bei einem Autor (in unserem Fall nur bei Priscian) belegt sind und sonst nirgends. Das Kreuz macht halt den Unterschied zwischen Verben wie EXSTO, EXSTARE und ‡ CUSO, CUSARE aus. Und das liegt mir einfach im Magen, ob ich's will oder nicht.
Wir müssen aber eine durchschaubare, vom Spieler nachvollziehbare Lösung für die Handhabung der Angaben im L&S finden, das ist auch richtig.
Zitat von linhartDu hast schon recht, so ganz einfach ist das mit dem Duden auch nicht. Aber du musst bedenken, dass wir im Deutschen schon ein paar Jahre weiter als im Lateinischen sind. Und da gibt es auch noch die Dudenredaktion, die man fragen kann, und die eventuell gewisse Fehler zugeben kann ...
Dass wir mit dem deutsch.dic schon wesentlich weiter sind als mit dem latin.dic, dessen bin ich mir natürlich bewusst. Und Rom wurde ja bekanntlich auch nicht an einem Tag gebaut... Und eine L&S-Redaktion haben wir auch nicht, die wir befragen könnten, das ist richtig; ja, wir haben nicht mal eine dritte Person, und sei es nur irgendein interessierter Lateinstudent, der sich hier einbringt, geschweige denn irgendeinen Altphilologen vom Kaliber eines Dozenten oder Professors, der uns unterstützen würde. Es ist schon schade, dass wir zwei so auf uns allein gestellt sind. Aber wir werden das Kind schon schaukeln! Der Vorteil mit uns beiden ist, dass wir uns halt allgemein mit Scrabble-Fragen gut auskennen, was der Normal-Altphilologe wieder nicht tut.