nachstehend meine Sorgenkinder aus der Arbeit am Superdic. Es handelt sich allesamt um Wörter, wo der UD den Plural verneint bzw. der RD diesen nicht ausdrücklich ausschließt, womit nach dem Reglement der Plural formal in Ordnung wäre. Beim hier nicht extra aufgeführten Walfang z.B. hat aber auch Scrabble.de die Notbremse gezogen.
Bis auf FEGEFEUERN (offiziell als gültig beschieden) sind die Pluralformen nicht im Dic aufgeführt. Halswehe(n) sind zwar offiziell erlaubt, doch diese Entscheidung - man möge es mir nicht übelnehmen - sorgt für Kopfwehen. Da verneint aber selbst der RD den Plural! Im Gegensatz zu FEGEFEUERN habe ich HALSWEHEN (ergo HÜFTWEHEN) auch nicht in die Kategorie 2 Problematische Befürwortungen aufgenommen.
Bei einigen Wörtern könnte man aber durchaus diskutieren, wie z.B. Gottesstaaten oder Gänsehäute im buchstäblichen Sinn. Bei den meisten anderen Begriffe hat aber m.E. der RD etwas ..... geschlampert
Ich bin mittlerweile im Besitz des gWD, das große Wörterbuch der deutschen Sprache. Dieses im Handel nicht mehr erhältliche Werk stammt aus dem Jahr 1999 und dient lt. aktuellem Reglement als Grundlage für strittige Fragen. Kaum jemand - außer dem Schiri und Vorsitzenden von Scrabble eV, Sebastian Herzog - kennt dieses ominöse Werk genauer.
Ein erstes Fazit erstaunt:
Das gWD weist starke Ähnlichkeit auch vom Aufbau mit dem UD auf. Stichproben meinerseits ergaben, dass Fragen stittiger Pluralbildungen genauso wie im UD beschieden werden. Ich würde den UD als eine komprimierte Version des gWD betrachten, nur mit dem wesentlichen Unterschied: er ist um 7 Jahre jünger bzw. aktueller. Vermutlich wird es auch deswegen keine Neuauflage des gWD mehr geben, dies wird wohl über eine Neuauflage des UD hinauslaufen.
Der Unterschied zum UD besteht darin, dass zu einzelnen Stichwörtern Zitate aus deutscher Literatur angegeben werden, die natürlich den Inhalt des gWD ziemlich aufblähen. Darauf verzichtet der UD.
Der gWD enthält zudem viele veraltete und veraltende Begriffe, auf die der UD verzichtet. Der RD nimmt hier quasi eine Mittelstellung ein, wobei manchmal nicht immer klar ersichtlich ist, warum manche alte Wörter im RD aufgeführt werden und warum nicht. Interessanterweise führt aber auch der UD quer als Adjektiv an. Das Reglement lässt quer als Adjektiv nicht gelten, weil es u.a. angeblich veraltet ist. Der UD führt immerhin auf, dass es - ich zitiere aus dem Gedächtnis - selten sei. Stichwörter mit dem Zusatz selten, veraltet oder veraltend finden sich aber zuhauf im RD.
Danke für die Infos über das auch für mich seit jeher geheimnisvolle Werk.
Kein Geheimnis ist aber, dass Herr Herzog nicht Werner, sondern Sebastian heißt ;-)
"quer" halte ich durchaus für einen komplizierten Fall. Die Formulierung im Regelwerk halte ich für unglücklich, da es sich so liest, dass man aus den Angaben in RD/gWD zwingend auf dei Ungültigkeit von "querem" schließen könnte. Dies ist aber in meinen Augen nicht der Fall, allerdings legt die Tatsache, dass im RD einige Verwendungsbeispiele für "quer" aufegführt sind, von denen keines "adjektivisch" ist, nahe, dass diese Verwendungsform hier nicht inbegriffen ist. Die Einzelfallentscheidung bzgl. "quer" ist daher für mich in gewisser Weise nachvollziehbar, allerdings begibt man sich damit auf dünnes Eis. Bei "gleißen"/"gliss" würde ich die Regelinterpretation unterstützen, denn solch abweichende Konjugation wird im RD zwingend erwähnt; die Nicht-Erwähnung im RD ist somit eine explizite Aussage. Dies sehe ich beim Nicht-Erwähnen des adjektivischen Gebrauchs von "quer" anders.
Und noch die Frage: Was sagt das gWD denn zu den in deinem alten Beitrag erwähnten "Halswehen" usw.?
Werner Herzog - peinlich! Hab es noch nachträglich verbessert!
Wegen quer: ich schrieb explizit u.a., weil ein Teil der Begründung auf veraltet hinauslief. Ansonsten sehe ich das aber genauso wie Du.
Problematisch ist, ob man die Erklärungen des RD als ausschließlich oder nur als beispielhaft auffasst. Ich bin der Meinung: letzteres. Der RD dient zur Rechtschreibung und ist nicht als Lexikon für die Allgemeinbildung konzipiert.
ja, die Frage, ob "ausschließlich" oder "beispielhaft" ist sehr schwierig. Ich glaube auch nicht, dass man sie wirklich allgemeingültig beantworten kann. Würde aber zum Beispiel im RD eine Beschreibung stehen, die die Einstufung als Name nahelegt, würde ich das Wort auch dann für ungültig halten, wenn im UD/gWD eine übertragene Bedeutung erwähnt wird.
Es müsste doch möglich sein, die Dudenredaktion bzw. Lexikologen zu kontaktieren, um in Erfahrung zu bringen, wie die Einträge in den verschiedenen Duden-Bänden gemeint bzw. zu interpretieren sind.
Hat Sebastian Herzog nicht einen Draht zu den Duden-Leuten?
Ich selbst hatte vor geraumer Zeit wegen einer anderen Frage einmal versucht, den Duden über die Duden-Webseite zu kontaktieren, habe aber nie eine Antwort erhalten. Ich gehe daher davon aus, dass die Kontaktseite auf der Duden-Webseite rein kommerziell ausgerichtet ist und dass dieser Weg nicht gangbar ist, wenn man den Lexikologen "germanistische" Fragen stellen will.
Ich fürchte aber, dass der Punkt aus Sicht der Duden-Redaktion relativ "egal" ist. Es spielt aus Wörterbuchsicht ja keine Rolle, ob eine Nebenbedeutung "miterfasst" ist, da es ja keinen Vollständigkeitsanspruch hat.
Zitat Was sagt das gWD denn zu den in deinem alten Beitrag erwähnten "Halswehen" usw.?
Der sagt genau das, was auch der gesunde Menschenverstand sagt: selbst schwangere Frauen haben keine Halswehen ...
Spass beiseite: Stichproben meinerseits ergaben, dass die Fragen strittiger Pluralbildungen im gWD genauso wie im UD beschieden werden. Es gibt auch keine Damenwelten.
Insofern bin ich erleichtert, dass sich meine bisherige Weigerung, solche Pluralformen in mein Wörterbuch aufzunehmen, bezahlt gemacht hat. Ich bin i.d.R. davon nur abgewichen, wenn der UD den Plural mit dem Zusatz "selten" angegeben hat.
Wenn ein Plural in irgendeiner Form im RD als existent (wenn auch selten) erwähnt wird, sollte das natürlich in jedem Fall Vorrang haben.
Ebenso bedeutet eine Genitivangabe ohne Pluralangabe ein explizites "Es gibt keinen Plural".
Und eigentlich besagt "keinerlei Beugungsangabe", dass die Angaben vom Grundwort zu übernehmen sind. Nur hat sich herausgestellt, dass der RD in dieser Hinsicht manches Mal schlampt. Insofern erscheint es sinnvoll, für solche Fälle den UD (oder gWD) als Entscheider hinzuzunehmen, dann aber konsequent. Wenn das gWD also Halswehen verneint, sie aber offiziell als "gültig" anerkannt waren (oder habe ich das missverstanden?), hat der Schiri wohl nicht im gWD nachgesehen, sondern dem RD "vertraut" (in anderen Fällen war dies aber offenbar anders ...)
Zitat von VektorIch fürchte aber, dass der Punkt aus Sicht der Duden-Redaktion relativ "egal" ist. Es spielt aus Wörterbuchsicht ja keine Rolle, ob eine Nebenbedeutung "miterfasst" ist, da es ja keinen Vollständigkeitsanspruch hat.
Naja..., sagen wir mal so: Ich als Fremdsprachenlehrerin sehe das auch aus der Sicht der Schüler/Kursteilnehmer/Studenten, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Auf höherem sprachlichem Niveau greifen die Studierenden eben schon auf einsprachige Wörterbücher zurück, die es ihnen ermöglichen sollen, ein Wort richtig zu erfassen, mit allem Drum und Dran (also Grundbedeutung, Nebenbedeutungen, stilistisches Niveau, veraltet - modern, hochdeutsch - regional gefärbt/dialektal, grammatische Konstruktion, syntaxbezogene Fragen, usw.)
Diesen Anspruch kann man also durchaus an ein einsprachiges Lexikon stellen - was den Duden betrifft, zumindest an den UD, der ja a priori nicht als Nachschlagewerk nur im Hinblick auf die Rechtschreibung konzipiert ist.
Insofern sollte der von mir angesprochene Punkt der Duden-Redaktion eben nicht egal sein! Im Gegenteil!
Das RD ist aber kein Lexikon, sondern um ein Wörterbuch. Und um diesen ging es hier ja im Wesentlichen. Manche Erklärung gibt der RD ja selbst; bei einigen Wörtern ausführlichere Verwendungsbeispiele ... wie soll man dies nun genau bewerten?
Ich meinte Lexikon hier im Sinne von Wörterbuch. Nicht im Sinne von z.B. "Meyers Konversationslexikon". Natürlich steht in einem (klassischen) Lexikon nichts zur Grammatik des Stichworts. Ein klassisches Lexikon soll vielmehr allgemeines Wissen zum Stichwort vermitteln.
In jedem Fall ist der UD ein Nachschlagewerk, das nicht primär auf Vermittlung von allgemeinem Wissen abzielt, sondern vielmehr verlässlich Auskunft geben soll in sprachlichen Fragen. Daher vertrete ich nach wie vor den Standpunkt, den ich vorhin dargelegt habe.
Umso schlimmer, wenn der ausländische Student, der unsicher ist, ob ein deutsches Verb z.B. intransitiv gebraucht wird oder ein Genitivobjekt nach sich zieht oder unpersönlich konstruiert wird oder veraltet ist u.dgl., vom Duden im Stich gelassen wird. Wo soll er denn bitteschön dann nachschlagen?
Die Beugungsangaben zwecks (Un-)Zulässigkeit des Plurals lassen im RD zu wünschen übrig. Sie fehlen oftmals und vereinzelt stehen sie auch im Widerspruch zum UD.
Folgende Einträge zum Wort Mehrzahl selbst sollte man daher mit einer Prise Humor zur Kenntnis nehmen:
Eintrag im RD: Mehr|zahl, die; - (auch für Plural)
Eintrag im UD bzw. gWD: Mehr|zahl, die: 1. <Pl. selten> (Sprachw.) Plural. 2. <o. Pl.> größerer Teil einer bestimmten Anzahl (im gWD sind noch Beispielsätze aufgeführt, tun hier nix zur Sache)
zum Vergleich: Bertelsmann und Wahrig: nur Singular Canoonet: auch Plural
Tja, wenn man sich nicht einmal bei der Mehrzahl von Mehrzahl ganz einig ist ...