Aus dem Eintrag unter dem Stichwort nae geht also gar nicht direkt hervor, dass es sich um eine falsche Schreibung handelt. Trotzdem scheint die Einstufung als falsche Schreibung eindeutig zu sein.
Gibt es noch mehr vergleichbare Fälle mit incorrectly written im L&S?
Bevor wir entscheiden, ob wir das Lemma NAE für zulässig oder unzulässig erklären, hätte ich ganz gern ein paar analoge Fälle gesehen, damit ich mir ein Bild davon machen kann, wie L&S solche Fälle handhabt und vor allem ob L&S in seiner Handhabung konsequent ist.
Kannst du mal alle incorrectly written rausfiltern, Linhart?
Vulgärlatein ist zwar oft "falsch" und keineswegs klassisch, aber es ist die Vorstufe der romanischen Sprachen, das Sprungbrett für so wunderschöne Sprachen wie Französisch und Italienisch! Das Falsche hat sich durchgesetzt! Ich als eingefleischte Romanistin bin doch recht froh, dass es dieses "falsche" Vulgärlatein gab... Damit meine ich jedoch nicht, dass falsche Schreibungen/Ausdrücke automatisch gültig sein sollen. ;-)
Hier sind alle Lemmata (außer "ne") von L&S, bei denen "incorrect" in einem hier relevanten Sinn vorkommt (also nicht etwa als Bedeutung des Wortes):
abcido: an incorrect form for abscído auctor: incorrectly written autor or author atqui: the form atquin is incorrect and post-class.; for Plaut. Rud. 3, 4, 55, should be read at quin separately immo: incorrectly written īmo jubilaeus: jūbĕlaeus; jŭb-, incorrectly mamilla: incorrectly mamm- loquela: incorrectly written lŏquel-la negotialis: sometimes incorrectly written nĕgōc- spondeus: sometimes incorrectly written spondaeus umerus: incorrectly spelled hŭmĕ-rus vascus: perh. incorrectly for vastus
Problematisch erscheinen mir jubelaeus (ist nur der kurze Vokal ŭ unrichtig?) und vascus. Diese Wörter sollten wir aber in einem eigenen Thread diskutieren.
Dort steht also nicht, dass es sich etwa um eine falsche Schreibweise handelt.
Im Georges-Artikel zu ne[1] ist dann nur der lapidare Hinweis "nicht nae" zu finden:
Zitat von Georges auf http://www.zeno.org/Georges-1913/A/ne+%5B1%5D[1113] 1. nē (nicht nae), Adv. (νή), ja, nur bei einem Pronomen u. in der mustergültigen Prosa in der Regel mit vorausgegangenem od. nachfolgendem, angedeutetem od. bestimmt ausgesprochenem Konditionalsatze, a) absol.: ne ego homo infelix fui, qui non alas intervelli, Plaut.: ne ego fortunatus homo sum, Ter.: ne ego, inquam, si ita est, velim eum tibi placere quam maxime, Cic.: ne illi multa saecula exspectanda fuerunt! Cic.: ne tu perditas res Campanorum narras, ubi summus honor ad filium meum perveniet, Liv. – b) verb. mit hercle, edepol, ecastor, medius fidius, ja fürwahr, ja bei Gott, ja in der Tat, ne tu hercle cum magno malo (tuo) mi obviam occessisti, Plaut.: ne illam ecastor fenerato mi abstulisti, Plaut.: medius fidius ne tu emisti ludum praeclarum, Cic.: – / Über die allein richtige Schreibung ne s. Ritschl Plaut. tom. 1. prolegom. p. XCVII. Georges Lexik. der lat. Wortf. S. 447.
Derzeit ist die Schreibweise NAE nicht ins latin.dic eingepflegt. Vielleicht ist das die richtige Entscheidung gewesen.
Ich interpretiere diesen Passus dahingehend, dass in manchen (schlechteren) Handschriften NAE zwar überliefert ist, was aber von mehreren Klassischen Philologen als falsche oder nicht akzeptable Schreibweise eingestuft wird.
Ich befürchte, dass ich - was die Schreibweise NAE betrifft, nichts Weiteres herauszufinden imstande bin. Vielleicht sollten wir uns damit zufriedengeben, was wir wissen und NAE weiterhin als ungültig betrachten.