Auszug aus einem kurzen Chat vorhin mit baba auf dem Scrabble3D-Server Die Chatzeilen sind der Reihe nach von unten nach oben zu lesen.
Ich möchte nun wissen, wieso kommen einmal jönni und einmal jöjjek heißt. Eins habe ich wenigstens schon in Erfahrung gebracht: Im Ungarischen gibt es also eigene Modalverben - im Gegensatz zum Türkischen, einer anderen agglutinierenden Sprache, wo gebundene Morpheme die Modalität ausdrücken (Endungen am Verb).
Zitat von meinem Chat mit baba auf dem Server Sie flüstern zu baba: Boah, das müssen wir analysieren! baba flüstert: ja Sie flüstern zu baba: Das Wort kommen ist ja jedesmal anders!!! baba flüstert: sehr kompliziert baba flüstert: muszäj jöjjek Sie flüstern zu baba: ey! baba flüstert: tudok jönni baba flüstert: jönni akarok baba flüstert: jövök Sie flüstern zu baba: Ich muss kommen = ? Sie flüstern zu baba: Ich kann kommen = ? Sie flüstern zu baba: Ich will kommen = ? Sie flüstern zu baba: Ich komme = ? Sie flüstern zu baba: wie heißt auf Ungarisch: Ich komme und Ich will kommen baba flüstert: warte baba flüstert: ich muss erst überlegen Sie flüstern zu baba: oder macht ihr das auch alles mit Endungen? Sie flüstern zu baba: Modalverben = können, müssen, sollen, dürfen, wollen baba flüstert: was ist das? Sie flüstern zu baba: habt ihr im Ungarischen Modalverben? baba flüstert: ja Sie flüstern zu baba: ganz schnell wenigstens 1 Frage
Sehr interessant! Leider habe ich momentan nur meine Mini-Grammatik. Zusammen mit meinem Wörterbuch komme ich zu folgenden Schlüssen:
1. Ich will kommen = jönni akarok Hier ist "ich will" (akarok) meiner Meinung nach kein Modalverb, sondern ein "Vollverb".
2. Ich kann kommen = tudok jönni "Können" hat eigentlich zwei verschiedene Bedeutungen, die im Französischen durch "savoir" und "pouvoir" wiedergegeben werden. "tudok" entspricht wohl eher dem "savoir", da es auch "wissen" bedeutet. "Können" als Modalverb (also im Sinne von "pouvoir") wird nach meiner Grammatik durch ein Suffix, nämlich -het oder -hat ausgedrückt, das an den Verbstamm angehängt wird.. "Ich kann kommen" müsste daher "jöhetek" heißen (??). (ek = Endung der 1. Person Singular)
3. Ich muss kommen = muszäj jöjjek Hier vermute ich, dass es "muszáj jöjjek" heißen sollte, weil es im Ungarischen gar kein "ä" gibt. "muszáj" ist eigentlich ein Substantiv ("das Muss"), und "jöjjek" scheint ein Konjunktiv zu sein. Diese Konstruktion ist mir bisher noch nicht untergekommen, aber das heißt nichts, weil ich ja erst am Anfang stehe.
Meine Mini-Grammatik gibt für "müssen" das Verb "kell" an, und sagt, dass man es mit dem Infinitiv plus Possessivsuffix verwendet. Ich würde daher "Ich muss kommen" mit "jönnöm kell" (??) übersetzen. (Infinitiv von kommen = jönni, Possessivsuffix für mein = öm).
Huuuuuu Linhärtchen, was bist du nur für einer! Das ist ja was, was du da schreibst! Hooooochinteressant!!!
Dass sich baba im Chat auf dem Server mit dem ä statt á vertippt haben kann, ist durchaus möglich und nicht überzubewerten.
Also da muss ich nachgrasen, wie die Modalität im Ungarischen ausgedrückt wird! Das scheint ja eine hochomplizierte Angelegenheit zu sein. Zumindest aus egozentrisch-indoeuropäischer Sicht...
Was meinst du damit, dass akarok ein Vollverb sei und kein Modalverb?
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Ich habe übrigens an die hiesige Hochschulbibliothek gemailt und den Vorschlag unterbreitet, die Grammatik von Tamás Forgács anzuschaffen, da diese offenbar ein Standardwerk darstellt und in ganz Schweden in keiner einzigen Unibibliothek vorhanden ist, nicht einmal in Uppsala, wo man Ungarisch studieren kann: http://www.uu.se/node698?aKod=UNA&lasar=11%2F12. Die Tatsache, dass diese Grammatik auf Deutsch verfasst ist, sollte doch wohl kein Hindernis sein, denn in Schweden wird ja auch reihenweise englischsprachige Fachliteratur angeschafft. Ich bin mal gespannt, ob die Bibliothek auf meinen Vorschlag eingeht. Hier in Falun/Borlänge kann man jedenfalls kein Ungarisch studieren. Das könnte die Crux sein...
Zu akarok: Ich habe bloß gesehen, dass in meiner Grammatik "wollen" nicht bei "können, dürfen, mögen, müssen" vorkommt, und daraus geschlossen, dass es eben im Ungarischen ein "normales" Verb und kein "Modalverb" ist.
Vielleicht bedeutet es mehr "wünschen" als "wollen" oder es hat etwas damit zu tun, dass das Beugungsschema von den anderen Modalverben abweicht... Wer weiß...
Jedenfalls ist Modalität ein ganz komplexes sprachliches Phänomen, wie es in der Wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Modalit%C3%...chwissenschaft) ) auch völlig richtig dargestellt wird. Es sind nicht allein die üblichen Modalverben, mit denen Modalität ausgedrückt werden kann.
Also um mit euch mithalten zu können, muss ich unbedingt eine ungarische Grammatik einsehen können. Hier tun sich ja völlig neue Perspektiven auf, die der Indoeuropäer noch nie gewahrte...
Ist szeretnek ein Verb? Was für ein Suffix ist -em in mennem? Ist es das Possessivsuffix, von dem Linhart sprach? Wie hieße der entsprechende nicht suffigierte Infinitiv? Wie ist diese Ausdrucksweise zu erklären?
Irgendwie muss ich vage an "Vergissmeinnicht" denken...
mennem = -om, -em, -öm sind die möglichen Possessivsuffixe für die erste Person Singular. Der Infinitiv wäre menni. Grundsätzlich ist der Infinitiv -ni im Ungarischen. Im Wörterbuch wird die dritte Person Singular Präsens angegeben. Manchmal entfällt beim Suffigieren des Infinitivs das "i".
szeret heißt lieben. szeretnék (mit Akzent auf dem e!) ist ein Konditional-Optativ und heißt wörtlich etwa "ich würde lieben".
-em ist das Possessiv-Suffix für "mein". Es lautet je nach dem vorhergehenden Vokal auch -öm, -am, oder -om. Hinter die Geheimnisse dieser sogenannten Vokalharmonie bin ich noch nicht so ganz gekommen. Deswegen weiß ich z.B. nicht, warum debrecen meint, es müsse "jönnem kell" statt "jönnöm kell" heißen.
In meiner Wortliste kommt jedenfalls jönnöm vor, aber nicht jönnem.
Die Konstruktion mit "kell" erinnert mich sehr an das französische "il faut". "Ich muss gehen" heißt auf französisch "il me faut aller", also wörtlich "es muss mir gehen".
Zitat von linhartDie Konstruktion mit "kell" erinnert mich sehr an das französische "il faut". "Ich muss gehen" heißt auf französisch "il me faut aller", also wörtlich "es muss mir gehen".
Das ist eine sehr gute Erläuterung! So kann sich der Romanist besser vorstellen, was der Finn-Ugrist meint!
Das ist eine Sammlung von über 180 Millionen ungarischen Wörtern und Wortformen. Man kann diese gigantische Liste natürlich nicht einfach herunterladen, aber immerhin kann man feststellen, ob ein bestimmtes Wort oder eine Wortform in diesem Corpus vorkommt.
Jeder kann diesen Corpus verwenden, man muss sich nur registrieren.
Ich habe mit seiner Hilfe z.B. festgestellt, dass die von mir vermutete Form jönhetek (siehe Beitrag #2) nicht korrekt ist, und dass es stattdessen jöhetek heißen muss. Auch die von debrecen vorgeschlagene Form jönnem findet sich nicht im Corpus, dafür aber sehr wohl das von mir vermutete jönnöm.