Anfänger mag es erstaunen, dass der am häufigsten im Scrabble vorkommende Buchstabe zugleich auch der schwierigste ist. Tatsache ist aber, dass die Probleme erst dann auftauchen, wenn man sich mit den für die deutsche Sprache so typischen Beugungen näher befasst.
Es fängt damit an, dass viele, aber nicht alle Genitivformen den Einschub eines E freistellen:
des LOBS
des LOBES
des STRICHS
des STRICHES
aber:
des ESTRICHS
nicht aber des
Estricheszu allem Überfluss gibt es aber auch Wörter, die einen Genitiv nur mit -ES erlauben:
REFLEXES
STURZES
Diese Fälle hier sind durch die Endungen des Wortstammes bedingt und entsprechen meist auch dem Sprachgefühl. Um hier nicht auszuufern, wird auf folgenden Link verwiesen:
Flexionsklassen GenitivOft übersehen werden auch von fortgeschrittenen Spielern die Möglichkeiten der Dativ-Flexionen im Singular. Zu kompliziert? Nein, einige einfache Beispiele:
der HUT
dem HUT(E)
der BAUM
dem BAUM(E)
das KIND
dem KIND(E)
Das E ist wahlweise. In der Alltagssprache wird es weggelassen, da es altmodisch klingt. Klingt teilweise auch nach einer alten Lutherbibel:
„Von jedem Baume des Gartens dürft ihr essen, nur nicht vom Baume der Erkenntnis …“
Aber auch bei dieser E-Setzung gibt es Fallstricke: gibt es für ein Wort keinen Plural, dann gibt es auch i.d.R. auch kein Dativ-E. Manche Wörter hingegen wie der Hanswurst erlauben ebenfalls kein Dativ-E.. Im Zweifel ist wohl oder übel der Blick ins Wörterbuch zu empfehlen…
Nun sind wir schon bei den fortgeschrittenen E-Problemen: Die E-Tilgung in der ersten Person Indikativ! Zu kompliziert? Nein, einige Beispiele veranschaulichen dies:
ich BUMMELE
ich BUMMLE
ich BEDAUERE
ich BEDAURE
ich SAMMELE
ich SAMMLE
Bei Verben, die auf –ELN oder –ERN enden, kann das E entfallen.
ABER:
Ich ÄNDERE –
NICHT aber: ich
ändre (falsch)
Warum: weil bei ÄNDERN das für das Auslassen in Frage kommende E nach einem Konsonant kommt. Bei BEDAU(E)RE kommt das E nach einem Vokal … deswegen geht nur ich WANDERE und nicht ich
wandre, auch wenn auf Scrabble.de in den Tunierregeln gegenteiliges behauptet wird.
Bei den auf –ELN endenden Verben spielt dies aber keine Rolle – deswegen ist
ich SAMM(E)LE
erlaubt. Die hier gemachten Angaben sind nur grobe Anleitungen und dienen lediglich dazu, das Problem in den Grundzügen zu erörtern.
Wer meint, das Thema wäre jetzt erschöpft, der irrt sich. Wir fangen jetzt erst richtig an:
Es ist lt. DUDEN-Grammatik auch statthaft, in der ersten Person Präsens und Konjunktiv das E wegzulassen, was mir bislang nicht geläufig war, da ich das ausgelassene E mit einem ` angedeutet hätte.
Ich FLIEG zu dir
Ich FLIEGE zu dir
Ich FLÖGE zu dir
Ich FLÖG zu dir
Da ich heute Abend erst ANKOMM(E)
Wenn ich heute Abend ANKÄM(E)
Interessant werden die Möglichkeiten in Verbindung mit dem ausgelassenen E bei den auf -ERN oder -ELN endenden Verben:
Ich BUMMEL
Ich BUMMELE
Ich BUMMLE
Ich BEDAUER
Ich BEDAUERE
Ich DEDAURE
Das Beste zum Schluss:
Vor allzu langen Erklärungen einige Beispiele:
SÄEN
SÄN
Wir/Sie SÄEN
Wir/Sie SÄN
HAUEN
HAUN
Wir/Sie HAUEN
Wir/Sie HAUN
TAUEN
TAUN
Wir/Sie TAUEN (auf)
Wir/Sie TAUN (auf)
FLEHEN
FLEHN
Wir/Sie FLEHEN
Wir/Sie FLEHN
BLÜHEN
BLÜHN
Wir/Sie BLÜHEN (auf)
Wir/Sie BLÜHN (auf)
Die Regel lt. Duden:
„Das E der Endung –EN kann in der Schrift auch nach stammauslautendem Vokal (einschließlich Vokal + Dehnungs-H) beim Infinitiv und bei der 1./3. Person Plural entfallen. Die damit angedeutete einsilbige Aussprache ist meist metrisch begründet.“Leichter ausgedrückt: die Schreibweise hier entspricht unserer Alltagssprache, wo wir das E eh meist „verschlucken“.
Wenn ich früher ankäm, würd ich dich anrufen.
Leise flehn meine Lieder …
So langsam blühn wir richtig auf …
Ich könnt der Duden-Redaktion eine reinhaun wegen dieser blöden Regel!Gero