Gestern hatte ich mit Bussinchen eine längere Erörterung bezüglich der Probleme bei der Flektion von unbestimmten Zahlwörtern wie allermeiste oder allermindeste. Eine haarige Angelegenheit.
Doch darum geht es hier (zumindest jetzt noch) nicht. Quasi als Nebenprodukt unserer Recherchen fiel mir auf, dass der Grammatikduden für die Komparation von wenig eine Einschränkung macht:
Ziffer 436 bestimmt, dass die Komparationsformen von mehr und weniger immer unflektiert bleiben. (wobei für das eigenständige Indefinitpronomen = unbestimmtes Fürwort mehrere auf eine gesonderte Textziffer verwiesen wird). Vergleiche auch Canoonet.
Damit sind die Formen wenigere, wenigerem ff. nicht mehr haltbar. Sie wurden gestrichen. Der Superlativ bleibt davon unberührt.
Sehr interessant! Das hätte ich nicht gedacht. Wer weiß, was sich sonst noch alles im Grammatik-Duden verbirgt. Solche Dinge sind wirklich sehr schwer zu finden. Selbst wenn jemand z.B. das Register am Ende Wort für Wort durchgegangen wäre, hätte er das hier möglicherweise nicht entdeckt, da bei "weniger" nur 434 und 501, aber nicht 436 angegeben ist.
Ich wäre - ehrlich gesagt - nie auf die Idee gekommen, dass man "mehr" oder "weniger" beugen kann. "Der wenigere Regen in diesem Jahr führt zu trockeneren Straße"?? Also, das klingt wirklich nicht deutsch ...
Weiß jemand, ob Formen wie *wenigere in Jörgs offizieller Liste stehen?
Vektor hat natürlich Recht, wenn er spontan nach seinem Sprachgefühl geht. Allerdings ist das mit diesen Formen schon eine komische Angelegenheit, deren ich mir selbst nicht direkt bewusst war. Und zwar heißt es:
viel Essen, viele Kinder mehr Essen, mehr./. Kinder das meiste Essen, die meisten Kinder
Insofern nimmt der ungebeugte Komparativ nämlich eine Sonderstellung ein, die nicht dem logischen Paradigma entspricht. Das Wort viel mit seinen Steigerungsformen ist eine Art Hybrid aus Adjektiv, Indefinitpronomen und unbestimmtem Zahlwort.
Hättet ihr's auf Anhieb gewusst? Ich selbst kam da auch erst gestern im Gespräch mit Gero drauf.
Ja, es sind tatsächlich verwunderliche Dinge in unserer Sprache ... das man bei "viel" Grundform und Superlativ steiegrn kann, aber den Komparativ nicht, fällte dem normalen Sprachnutzer wohl nicht auf; bis eben war mir die Besonderheit auch unbekannt, auch wenn der aktive Sprachgebrauch korrekt ist und die falsche Form passiv direkt auffallen würde.
Nun hat "mehr" im Gegensatz zu "weniger" nicht die typische Komparativform (Endung -er), so dass man zunächst vermuten könnte, dass es hieran liegt. Aber offensichtlich verhält sich "wenig" doch analog zu "viel". In jedem Fall sehr interessant.
Zitat von VektorNun hat "mehr" im Gegensatz zu "weniger" nicht die typische Komparativform (Endung -er), so dass man zunächst vermuten könnte, dass es hieran liegt.
Wie meinst du das, Vektor?
Jetzt steigern und beugen wir mal wenig: wenig Essen; wenig(e) Kinder; die wenigen Leute, die ich treffe weniger Essen, weniger Kinder das wenigste Essen, die wenigsten Leute
mehr und weniger werden analog behandelt und nicht gebeugt.
Bei viel/mehr/am meisten handelt es sich um sogenannte Suppletivformen. weniger ist keine Suppletivform, sondern regelmäßig gebildet.
Wenn Mitglieder eines Paradigmas von den Stämmen verschiedener Lexeme abgeleitet werden, um eine Lücke im Paradigma zu füllen, spricht man von Suppletivformen. Beispiele: dt. gut, besser, best-; viel, mehr, meist-; sein, bin, war; frz. aller, je vais, j'irai (gehen) von 3 lateinischen Verben ambulare/vadere/ire; schwedisch: gammal, aldre, äldst (alt); dålig, sämre, sämst (schlecht)
Mir ist nicht klar, warum ausgerechnet die Komparativformen mehr und weniger keine normalen attributiven Adjektivendungen haben. Es ist einfach nur merkwürdig.
"mehr" sieht ja nicht aus wie ein Komparativ, es endet nicht auf -er - dadurch spielt es schonmal eine Sonderrolle. Wenn einer von uns das Wort "mehrem" sieht, wird e vermutlich direkt innerlich zusammenzucken ...
"weniger" sieht jedoch erstmal normal aus; insofern ist der optische Eindruck auch bei "wenigerem" etc. nicht so außergewöhnlich.
Ich kann mir daher vorstellen, dass es "wenigere" eher in die Umgangssprache schafft als "mehre":
"Der wenigere Einsatz von Dopingmitteln führte zu geringeren Durchschnittsgeschwindigkeiten" - ist natürlich falsch, klingt aber für meine Ohren nicht ganz so grausam wie "Das mehre Übertragen von Fußballspielen fürhrt zu einer Übersättigung".