Der adjektivische Gebrauch der Partizip 2-Formen gewallte bzw. gewallfahrte / gewallfahrtete ff. wird vom SD verneint.
Zunächst bleibt einmal festzustellen, dass hier dem SD ein böser Schnitzer unterlaufen ist, denn für das Verb wallfahren wird gewallfahrtet als Partizip 2 angegeben. Im RD steht aber: wallfahren; du wallfahrst; du wallfahrtest; gewallfahrt; zu wallfahren. Da hat man wohl versehentlich das Partizip 2 vom Verb wallfahrten übernommen.
Doch zurück zur Frage, ob hier ein adjektivischer Gebrauch wirklich auszuschließen ist.
Die Regel erlaubt in Anlehnung an den GD den ajektivischen Gebrauch bei intransitiven Verben, die einen abgeschlossenen Vorgang bezeichnen und das Perfekt mit einer Form von „sein“ bilden. Man spricht hier auch von vorgangsbezogenen Partizipien.
Die genannten Verben sind intransitiv, da sie kein Akkusativobjekt nach sich ziehen. Allesamt bilden sie ihre Perfekttempora mit sein bzw. ist, es wird auf den UD verwiesen:
wallen <sw. V.; ist> [mhd. wallen, ahd. wallon, eigtl. = (umher)schweifen, unstet sein, wohl verw. mit Wedel]: a) (geh. od. spött.) feierlich, gemessen einherschreiten; b) (veraltet) wallfahren.
wallfahren <sw. V.; ist> [im 16. Jh. bei Luther]: eine Wallfahrt machen; pilgern: sie ist nach Santiago de Compostela gewallfahrt.
wallfahrten wird nur im GWD aufgeführt:
wallfahrten <sw. V.; ist> (veraltend): a) wallfahren: Die Fahrten im Jahr 1994 werden aber voraussichtlich die letzten Zugwallfahrten sein. Nicht wenige der »alten« Pilger trauern darüber. »Gewallfahrtet« wird künftig mit dem Flugzeug oder mit dem Bus (FAZ 13. 10. 93, 12); Einige werden als ein Trupp Pilgrime kommen, die nach Loretto w. gehen (Schiller, Fiesco II, 15); b) wandern, gehen: kommen Sie, ich leihe Ihnen die Tarnkappe hier ... und wir wallfahrten ungesehen nach dem Förstergarten (Chamisso, Schlemihl 48)
Dies vorausgeschickt erfüllen diese Verben die eingangs erwähnten Bedingungen des Reglements durchaus:
der nach Santiago de Compostella gewallfahrte Komiker H. Kerkeling berichtete von seiner Reise in seinem Buch "Ich bin mal kurz weg" der Papst erteilte allen nach Lourdes gewallten Pilgern die Absolution
In beiden Beispielen bezeichnen die Verben im Satzzusammenhang eine abgeschlossene Handlung und dürfen daher adjektivisch gebraucht werden. Vergleiche auch das Verb eilen: Für die sofort zum Unfallort geeilten Sanitäter bot sich ein Bild des Grauens - nicht aber: der geeilte Sanitäter, analog: der gewallte Pilger
Es ist interessant, wie hier die deutsche Sprache funktioniert: scheinbar unmögliche Beugungen machen durch den Kontext plötzlich Sinn!
Man kann in den genannten Beispielen wallen bzw. wallfahren auch durch die Synonyme gepilgerte bzw. gepilgerten ersetzen. Fairerweise ist anzumerken, dass die eingangs erwähnte Regel zum Zeitpunkt des Entstehens des SD so noch nicht formuliert war.
Das Argument, dass der adjektivische Gebrauch speziell bei wallen veraltet sei, ist richtig. Hier gilt es aber zu berücksichtigen, dass dies ja schon aus dem Eintrag im RD zu wallen hervorgeht: wallen (veraltet für pilgern)