Zitat von linhartin Meyers Großem Taschenlexikon sind unter dem Stichwort "Laut" folgende Dentallaute aufgezählt (in Lautschrift): [t, d, n, l, r, ð, θ, s, z]
Dass das /r/ pauschal ein Dentallaut sein soll, ist ebenfalls schlichtweg falsch. Selbst das mit der Zungenspitze gerollte /r/ ist und bleibt alveolar. Möchte wissen, wie man bitteschön ein /r/ an den oberen Schneidezähnen rollen soll! Ich krieg's mit meinen Mundwerkzeugen jedenfalls nicht hin - es klingt dann stattdessen immer ungefähr wie ein englisches "ti-ejtsch".
Gerade beim /r/ gibt es eine ganze Menge Aussprachevarianten (= nicht bedeutungsunterscheidende Allophone - außer im Spanischen, wo sich tatsächlich um zwei Phoneme handelt).
Das normale französiche Hals-/r/ ist ein postvelarer Frikativ (Reibelaut) (Artikulationsstelle: hinterer Teil des weichen Gaumens, Velum, bis Zäpfchen, Uvulum). Das gerollte Edith-Piaf-Hals-/r/ im Chanson "Non, je ne regrette rien" ist ein uvularer Vibrant/Schlaglaut (das Zäpfchen schlägt mehrfach gegen den hinteren Zungenrücken (postdorsal). Das mit der Zungenspitze (Apex) gerollte italienische /r/ wird an den Alveolen (Zahndamm) gebildet, es ist also ein apikaler und alveolarer Vibrant (vibrieren bedeutet hier: mehrere Schläge hintereinander). Das mit der Zungenspitze (Apex) gebildete spanische einfache /r/ im Wort "pero" (= aber) wird ebenfalls an den Alveolen (Zahndamm) gebildet, es ist also ein apikaler und alveolarer Schlaglaut (das bedeutet hier: nur ein Schlag wird artikuliert). Das mit der Zungenspitze (Apex) gebildete spanische doppelte /r/ im Wort "perro" (= Hund) wird ebenfalls an den Alveolen (Zahndamm) gebildet, es ist aber ein apikaler und alveolarer Vibrant (das bedeutet hier: mehrere Schläge werden artikuliert, damit wird das Doppel-r länger artikuliert als das einfache r - was im Spanischen phonematischen Charakter hat, d.h. bedeutungsunterscheidend ist: pero vs. perro).
Das standarddeutsche /r/ ist ein postvelarer postdorsaler Reibelaut, das süddeutsche gerollte /r/ ist ein apikaler alveolarer Vibrant.
Linhart, schmeiß dein Meyers Taschenlexikon weg und schaff dir was Besseres an. Mit Verlaub: Was die da schreiben, ist schlichtweg falsch. Ich stehe zu dem, was ich da sage.
----------- PS: Beim /d/ und /t/ könnte man zur Not noch streiten, inwieweit die Zungenspitze, Apex, abgesehen von den Alveolen noch die oberen Schneidezähne mit berührt oder nicht. Hier liegt meines Erachtens ein Grenzfall vor. Meinetwegen sind diese Laute als dental bis alveolar einzustufen, oder noch feiner differenziert als postdental bis präalveolar.
Linhart, schau doch mal nach, ob in Meyers Großem Taschenbuch irgendwo von "alveolar" die Rede ist.
Kann es sein, dass die die Alveolen pauschal zu den Zähnen rechnen, dass die also eine sehr grobe anatomische Einteilung des Mundes vornehmen, obwohl eine viel feinere Differenzierung zur im phonetischen Sinne korrekten Beschreibung und Klassifizierung der einzelnen Laute notwendig ist? So ungefähr: Im Mund haben wir Zähne und einen Gaumen und eine Zunge. Fertig. Halllloooo???!!! So geht's aber nicht, gell! Jedenfalls nicht in der Phonetik!
Ich komme mir jetzt allmählich schon vor wie der Higgins in "My Fair Lady"...
Zitat von linhartIch habe schon vor Monaten (im Zuge der LASET-Diskussion) darüber gerätselt, was ein Dentallaut ist, denn in Meyers Großem Taschenlexikon [...]
Kein Wunder, dass du da nicht mehr durchgestiegen bist. Ist aber nicht dein Fehler, Linhart, nein, die Schuld liegt bei dem Taschenlexikon, auf das du dich verlassen hast. Das tut man natürlich. Man sollte doch davon ausgehen können, dass ein Nachschlagewerk eine zuverlässige Quelle ist.
Zitat von linhartEs wäre daher wohl das beste, wenn im Scrabble-Reglement auch explizit aufgezählt würde, was dort unter Dentallaut verstanden wird.
Vielleicht. Aber streng genommen ist das nicht notwendig, sofern man sich an die adäquate, eindeutige und korrekte phonetische Terminologie (wie z.B. an der Uni Jena praktiziert, siehe Link) hält.
Danke für deine interessanten Ausführungen, Bussinchen.
Ich denke aber auch, dass die konkrete Angabe der gemeinten Buchstaben ins Reglement gehört. Wenn ich den Jena-Link richtig verstehe, wären ja nur f-artige-Laute (die ich bislang gar nicht in der Betrachtung hatte) unter "dental" einzuordnen, demzufolge "griffest/griffet" und "pfiffest/pfiffet" korrekt, oder?
Bei "d" und "t" sprichst du selbst von einem Grenzfall; genau solche sollten durch ein Reglement aber geklärt werden ...
Hallo Bussinchen, zu Meyers Großem Taschenlexikon: Dort werden die Alveolare [t, d] als ein Spezialfall der Dentalen angesehen. Zu deinen Internetbelegen: In der Tabelle von http://www.uni-leipzig.de/~siebenh/kurse...honologie03.pdf werden t und d nicht zu den Dentalen, sondern zu den Alveolaren gerechnet. Die einzigen Dentallaute in dieser Tabelle sind ð und θ. In http://www2.uni-jena.de/~x1siad/lehre/epp301007.pdf wird dagegen t je nach Ausspracheart zu den Dentalen oder Alveolaren gerechnet. Darüber hinaus gelten auch f und v als Dentale. Wenn man also nach der ersten Quelle geht, gäbe es im Deutschen überhaupt keine Dentallaute, und die entsprechende Scrabble-Regel wäre daher sinnlos. Ich bleibe also dabei: die einzige wirklich eindeutige Möglichkeit wäre, die betreffenden Laute (oder besser Buchstaben) explizit aufzuzählen. So viele sind es ja schließlich nicht. Mein Taschenlexikon schmeiße ich übrigens nicht weg, weil ich es liebgewonnen habe, und Liebe lässt sich bekanntlich durch kleine Fehler nicht abschrecken . Wenn ich Genaueres wissen will, schaue ich ohnehin im Internet nach.
Das deutsche /f/ ist labiodental, d.h. die Unterlippe (Labium) bildet an den oberen Schneidezähnen (Dentes) eine Enge, durch die die Luft hindurchströmt. Das /s/ hingegen ist laminalalveolar. /d/ und /t/ wiederum sind apiko-postdental-präalveolare Laute.
Ich glaube, in unserer aktuellen e-Einschub-Diskussion im Scrabblezusammenhang stehen vor allem die apikodentalen Laute im Fokus, und nicht so sehr die labiodentalen. Die Unterlippe als "Mundwerkzeug" ist räumlich und artikulatorisch zu weit entfernt von den Zähnen und Alveolen, als dass ein e-Einschub zwecks deutlicherer Aussprache und Differenzierung von Verbstamm und -endung vonnöten wäre. "du läufst" ist klar, f + st sind zu unterschiedliche Laute, als dass sie kollidieren würden. Eine Form wie "läufest" ist daher nicht notwendig und kommt wohl auch nicht vor. Der Fall "du fandst" ist da schon etwas anders: /d/ und /s/ haben die gleiche Artikulationsstelle (alveolar), weshalb ein e-Einschub in "du fandest" den Stamm von der Endung absetzt und verdeutlichend wirkt. Ich weiß nicht, was ich nun zum Fall "soffest"/"soffet" sagen soll.
Aber hab ich mich insgesamt klar und deutlich genug ausgedrückt? Ach ja, diese Terminologie! Ein Fachjargon! Ist vielleicht nicht jedermanns Sache...
OK, ich revidiere meine Meinung zur Notwendigkeit der Verdeutlichungen im Scrabble-Reglement.
Nicht jeder Scrabbler hat sich mit Phonetik beschäftigt. Daher wäre es in der Tat sinnvoll, der Einfachkeit und Deutlichkeit halber die entsprechenden Buchstaben explizit zu nennen. Die paar Buchstaben explizit zu nennen wäre wirklich kein großer Aufwand und würde vieles vereinfachen.
@Linhart: Aha, ein Spezialfall. Also doch so, wie ich vermutet hatte: die Alveolen als Teil oder "Sonderfall" der Zähne. Hm... naja.... Aber behalte ruhig dein Meyers, aber sei, was die Phonetik betrifft, ab jetzt auf der Hut.
Die Uni Jena ist insofern genauer, als sie zwischen Artikulationsstelle und artikulierendem Organ unterscheidet, was in der Tabelle der Uni Leipzig nicht der Fall ist. Wenn auf http://www.uni-leipzig.de/~siebenh/kurse...honologie03.pdf steht, dass das /f/ und das /v/ Labiodentale sind, ist das völlig richtig. Auf http://www2.uni-jena.de/~x1siad/lehre/epp301007.pdf stehen /f/ und /v/ unter dental und labial, was ebenfalls völlig korrekt ist. Nur hat man hier eben das bewegliche Artikulationsorgan, die Lippe, von den unbeweglichen Zähnen als Artikulationsort unterschieden. Im Endeffekt sagen aber beide Quellen genau das Gleiche aus: /f/ und /v/ sind im engeren Sinne Labiodentale und im weiteren Sinne immer noch Dentale. Das stimmhafte und stimmlose englische th sind im weiten Sinne Dentale, aber im engeren Sinne genau genommen apikodentale Frikative, wenn man das artikulatorische Organ in die Klassifizierung der "ti-ejtsch"-Laute einbeziehen will. Es kommt halt immer darauf an, wie genau man die Laute beschreiben will.
Zitat von linhartWenn man also nach der ersten Quelle geht, gäbe es im Deutschen überhaupt keine Dentallaute, und die entsprechende Scrabble-Regel wäre daher sinnlos.
So würde ich das nicht ausdrücken, Linhart. Bedenke, auch Labiodentale sind Dentale, so wie z.B. auch Haustiere Tiere oder Ferienhäuser Häuser sind. Es handelt sich jeweils nur um eine nähere Spezifizierung der betreffenden Dentale, Tiere oder Häuser.
Ein reiner Dentallaut ohne jegliche Beteiligung anderer Artikulationsorgane (weder Lippe noch Zunge noch sonst was, was man so alles im Mund und Rachenraum hat), also ein rein dentaler Dental, tja, das wäre dann der Laut, der entsteht, wenn man (z.B. vor Kälte) mit den Zähnen klappert... Wobei dann zu differenzieren wäre, ob man mit den Backenzähnen oder nur mit den Schneidezähnen klappert: molarer Dentalodental oder inzisiver Dentalodental
Mir ist allerdings keine Sprache bekannt, zu deren Phonemrepertoire so ein Laut gehört. Was nicht heißen will, dass es nicht doch irgendwo auf der Welt eine Sprache geben könnte, die so einen "dentalodentalen molaren oder inzisiven Zähneklapperlaut" realisiert. Es gibt ja auch Sprachen mit Klicklauten und weiß der Teufel was für komischen Lauten, die für uns Europäer nahezu unaussprechlich sind...
So, jetzt soll's aber genug sein! Ein Glück, dass wir uns in Bezug aufs deutsche Scrabble nicht auch noch mit solchen komischen Lauten herumschlagen müssen!
In Antwort auf:So, jetzt soll's aber genug sein! Ein Glück, dass wir uns in Bezug aufs deutsche Scrabble nicht auch noch mit solchen komischen Lauten herumschlagen müssen!
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Wenn ihr auch noch ein Wörterbuch in Khoisan oder Bantu haben wollt, dann lässt sich der Klicklaut per ! als Buchstabe realisieren Spannend wird es bei ǃXóõ.
Scotty, mit deinem tollen Programm wird alles realisierbar sein! Es wird keinerlei Wünsche offen lassen! Der Link ist Spitze! Wir können sogar die unmöglichsten Laute einfügen und in den unmöglichsten Sprachen wie Khoisan scrabbeln, wenn wir nur ein gutes Dic dazu finden! Du bist echt cool!