Zitat von linhart auf DEBATUOIn der Petronius-Stelle kommt das Wort "ipsumam" vor. Wovon leitet sich das her?
Das leitet sich von ipse, ipsa (selbst) ab. Es handelt sich hier um eine Art Superlativform (--> "die selbstigste") mit dem u statt eines i.
Im L&S lesen wir ganz unten im Artikel zum Stichworteintrag ipse:
Zitat von L&S, Glossa.exe, http://athirdway.com/glossa/?s=ipse4. Ipse stands in free constr. with abl. absol. as with finite verb (cf. also quisque; only freq. in Liv. and post-Aug. writers): cum dies venit, causa ipse pro se dicta, quindecim milibus aeris damnatur, Liv. 4, 44, 10 Weissenb. ad loc.: Romani imperatores, junctis et ipsi exercitibus ... ad sedem hostium pervenere, id. 29, 2, 2: C. Popilius, dimissis et ipse Atticis navibus ... pergit, id. 45, 10, 2; cf.: Catilina et Autronius parabant consules interficere, ipsi fascibus conreptis Pisonem cum exercitu mittere, Sall. C. 18, 5: amisso et ipse Pacoro, Tac. G. 37; cf. also the emphatic use of ipse (like quisque) with abl. of gerund (freq. in Liv.): adsentando indignandoque et ipse, Liv. 40, 23, 1: cogendo ipse, id. 39, 49, 3: agendo ipse, id. 41, 24, 2: aestimando ipse secum, id. 25, 23, 11 et saep.?*! Ipse is very rarely strengthened by the suffix -met: ipsemet abiit, Plaut. Am. prol. 102: ipsimet nobis, Cic. Verr. 2, 3, 1, § 3: ipsemet profugiam, Sen. Ep. 117, 21; also Front. Aq. 74 ex conj.— Sup.: Com. Ergo ipsusne es? Charm. Ipsissumus, his own very self, Plaut. Trin. 4, 2, 146; cf. Gr. αυτοτατος Aristoph. Plut. 83; so, ipsimus and ipsima, for dominus and domina (cf II. A. supra), Petr. 75, 11; and: ipsimi nostri, id. 63, 3 Büch. ex conj.
Die Formen IPSIMUS, IPSUMUS usw. fehlen in der derzeitigen Arbeitsfassung unseres latin.dic noch.
Es stellt sich nun die Frage, welche Beugungsformen wir einpflegen müssen: vielleicht nur die im L&S explizit angegebenen - oder aber das gesamte Paradigma?
IPSEMET inkl. Beugungsformen stehen allerdings schon drin - siehe meine dunkelrote Markierung im obigen Zitat.
In meiner kommentierten wissenschaftlichen Oxford-Ausgabe der Cena Trimalchionis von Petron (Hrsg. M.S.Smith) findet sich zur Stelle Petron 69.3 auf Seite 191 folgender Querverweis:
Zitat von der kommentierten wissenschaftlichen Oxford-Ausgabe der Cena Trimalchionis von Petron (Hrsg. M.S.Smith), Seite 191§3 ipsumam meam : see note on 63.3
Der Kommentar zu Petron 63.3 auf Seite 175 lautet:
Zitat von der kommentierten wissenschaftlichen Oxford-Ausgabe der Cena Trimalchionis von Petron (Hrsg. M.S.Smith), Seite 175§3 ipsimi : cf. 69.3 ipsumam meam, 75.11 ipsimi, ipsimae, 76.1 ipsimi; a Vulgar superlative of ipse = 'the master'. Heraeus pp. 78 f quotes an analogous form of the superlative: CGL v. 179. 17 clarimum: clarissimum.
Den Hinweis auf CGL und clarimum: clarissimum interpretiere ich dahingehend, dass in Analogie zur Superlativform clarimum = clarissimum bei ipse eben auch die vulgärlateinischen Formen IPSIMUS (= IPSUMUS) = IPSISSIMUS geläufig waren.
Zitat von Bussinchen im Beitrag #1Es stellt sich nun die Frage, welche Beugungsformen wir einpflegen müssen: vielleicht nur die im L&S explizit angegebenen - oder aber das gesamte Paradigma?
Ich tendiere dazu, sämtliche Beugungsformen, also das gesamte Paradigma, für IPSUMUS, -A, -UM und für IPSISSIMUS, -A, -UM zuzulassen.
Ich sehe gerade, dass IPSISSUMUS im L&S steht, aber nicht IPSISSIMUS. Das spricht also doch dafür, alle Formen aufzunehmen, also sowohl die mit -IM- als auch die mit -UM-.
Zitat von Georges zu IPSE auf http://www.zeno.org/Georges-1913/A/ipsevulg. Nbf. ipsimus, ipsima = Er, Sie (= der Herr, die Herrin), Petron. 63, 3 B.; 69, 3 B.; 75, 11 B. u. 76, 1 B. (vgl. Hertz Rhein. Mus. 17, 324); und als Steigerung der Superl. ipsissimus (wie αυτότατος bei Aristoph. Plut. 83) = »ganz leibhaftig selbst«, Plaut. trin. 988 u. Afran. com. nach Pompeii comment. 153, 16 K.
Wenn du bei steigerbaren Adjektiven normalerweise parallel zu den Superlativformen auf -ISSIMUS generell auch die Nebenform -ISSUMUS mit U zulässt, dann sollte dieses Argument nach meinem Dafürhalten reichen, sowohl IPSISSUMUS mit U als auch IPSISSIMUS mit I ins latin.dic einzupflegen.
Wenn IPSIMUS mit I - eine superlativische Form, die im L&S explizit genannt wird - gültig sein soll, müsste dann aus Analogiegründen zu -ISSIMUS/-ISSUMUS nicht auch IPSUMUS mit U aufgenommen werden, auch wenn diese Form im L&S nicht explizit genannt wird und ungeachtet dessen, dass es sich bei IPSUMUS deiner Meinung nach um einen Sonderfall handelt? Inwiefern ist IPSUMUS ein Sonderfall? Es handelt sich doch um einen Superlativ...
Wie kann es aber zu solchen merkwürdigen Superlativbildungen wie IPSIMUS und IPSISSIMUS kommen...?
Exkurs: das deutsche Wort "selbst"
Ich *selb habe mir schon immer die Frage gestellt, woher im Deutschen das auslautende -st an dem Wort selbst kommt, während es z.B. im Schwedischen själv und im Englischen (my-)self ohne -st heißt. Ist das vielleicht auch eine Art Superlativbildung? Als nahezu synonyme Dublette gibt es im Deutschen ja auch noch die Form selber ohne -st, die auch in derselbe vorkommt. Daher wurde das Wort selbstständig nach den alten Rechtschreibung vor der Rechtschreibreform selbständig geschrieben, d.h. mir nur einmal -st-.
Im Duden Band 7, Herkunftswörterbuch - Etymologie der deutschen Sprache lese ich, dass die Form selbst aus dem früh erstarrten Genitiv Singular mit frühnhd. t-Auslaut wie in 'Papst', 'Obst' entstanden sei.
Die Artikel zu Papst und Obst im Etymologieduden sind mir leider zu unergiebig, als dass ich mir die Mühe mache, diese hier zu zitieren. Woher dieses Auslaut-t kommt bzw. was dieses bedeuten soll, ist mir nicht klar.
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Nun ja - ich bin in einer Sackgasse gelandet: Es handelt sich bei selbst also offenbar doch nicht um einen Superlativ.
⇒ Wenn ein unhistorisches t an das Ende eines Wortes zum Abschluss des Luftstroms der Silbe angefügt wird, spricht man von Epithese. ⇒ Epenthese liegt dann vor, wenn ein t zwischen zwei Konsonanten eingeschaltet wird, um den Übergang vom einen zum anderen zu erleichtern. ⇒ Die Entwicklung beginnt schon in mhd. Zeit und ist in Dialekten und Umgangsprachen auch heute zu beobachten, vgl. ebent, unsertwegen u. ä. ⇒ Meistens erscheint ein solches t nach n, s, f, ch, vgl. z. B.
Zitat Wenn IPSIMUS mit I - eine superlativische Form, die im L&S explizit genannt wird - gültig sein soll, müsste dann aus Analogiegründen zu -ISSIMUS/-ISSUMUS nicht auch IPSUMUS mit U aufgenommen werden, auch wenn diese Form im L&S nicht explizit genannt wird und ungeachtet dessen, dass es sich bei IPSUMUS deiner Meinung nach um einen Sonderfall handelt? Inwiefern ist IPSUMUS ein Sonderfall? Es handelt sich doch um einen Superlativ...
Entschuldige bitte, ich habe mich nicht genau ausgedrückt. In meinem Posting #5 ( IPSE, IPSA, IPSUM --> Superlativformen ) wollte ich eigentlich sagen, dass ich alle Formen von IPSIMUS, IPSUMUS, IPSISSIMUS und IPSISSUMUS aufnehmen will.
Wir sind uns also wieder einmal vollkommen einig .