cuccuru (cŭcurru), a word of unknown signif.: I. Afranius in Cinerario: id me celabat cuccuru. An nomen est ut veru, genu? Charis. p. 214 P. ( Afran. Com. Rel. v. 22 Rib.); cf. cucurio.
Zitat von L&S, Glossa.exe, http://athirdway.com/glossa/?s=cucuriocūcūrĭo, īre, v. n. root kar-, to sound; cf. Gr. κρεκωκραυγη, to crow, Auct. Carm. Philom. 25.
Dieses Wort, dessen Bedeutung unbekannt ist, scheint nur bei dem Grammatiker Flavius Sosipater Charisius belegt zu sein; es ist im L&S aber nicht als Hapax legomenon gekennzeichnet.
Spontan würde ich dafür plädieren, das Wort CUCCURU bzw. CUCURRU in diesen beiden im L&S angegebenen Schreibweisen in die Kategorie 4 der Hapax legomena einzupflegen.
Was meinst du dazu, lieber Iohannes Salisburgensis?
Wörter, die nur bei einem Grammatiker belegt sind, kommen normalerweise in die Kategorie 3. Daher würde ich auch in diesem Fall Kategorie 3 vorschlagen.
"Afran. Com. Rel. v. 22 Rib." ist aber ein eigenes Literaturzitat, das zusätzlich zu dem des Grammatikers vorliegt. Wenn ich es richtig verstehe, wird es von dem Grammatiker zitiert. So gesehen, könnte man sagen, das Wort kommt in der "eigentlichen" Literatur nur einmal vor und ist daher ein Hapax.
Lucius Afranius (* um 150 v. Chr.) war also ein Komödiendichter, dessen Werke heute nur in etwa 200 bis 400 Fragmenten bzw. 43 Titeln bekannt sind. Im Wesentlichen sind uns diese Fragmente heute aufgrund von Zitaten bei anderen Autoren bekannt. Ein Kommentar, der in der Kaiserzeit zu den Stücken des Afranius geschrieben wurde, ging leider ebenfalls verloren.
Es scheint also so zu sein, dass Afranius eine Komödie geschrieben hat, in der das Wort cuccuru vorkam; dieses Wort wurde wohl in dem Kommentar zu den Werken des Afranius behandelt, und dieser Kommentar wurde seinerseits von Charisius aufgegriffen (kommentiert/zitiert).
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es sich bei cŭcurru/cuccuru um ein lautmalendes Wort handeln könnte, das vielleicht den Gurrlaut von Tauben nachahmt... Ich halte die Einschätzung von Georges, dass es sich um eine (onomatopoetische) Interjektion handelt, für gar nicht so abwegig: • http://www.zeno.org/Georges-1913/A/cucurru
Ich schau mal, ob ich noch etwas Genaueres zu Afranius, dem Afranius-Kommentar oder zu der Charisius-Stelle finde.
--> Hier ist schon mal die Afranius-Ausgabe von Otto Ribbeck (Hrsg.): Comicorum Romanorum Fragmenta. 1873, Neudruck: Olms, Hildesheim 1962, S. 164-222 (Internet Archive).
Wir sehen, dass L&S diese Stelle wörtlich zitieren:
Zitat von L&S, Glossa.exe, http://athirdway.com/glossa/?s=cuccurucuccuru (cŭcurru), a word of unknown signif.: Afranius in Cinerario: id me celabat cuccuru. An nomen est ut veru, genu? Charis. p. 214 P. ( Afran. Com. Rel. v. 22 Rib.); cf. cucurio.
Hier steht im Kommentar (meine eigene Übersetzung folgt in Dunkelblau):
II Charisius II p. 214 P. 'cuccuru' (cucuru (mit hochgestelltem, darüber geschriebenem c) cod.) 'Afranius in Cinerario: id me c.c. An nomen est, ut veru genu?' Galli cantilenam esse docet carmen de philomela (anthol. Lat. II n. 762 R.) u. 25 'cucurrire solet gallus.' cf. Suetonii fragm. 161 de naturis animantium p. 251 R. et Petronii 59 'cocococo' II Charisius II p. 214 P. 'cuccuru' (cucuru (mit hochgestelltem, darüber geschriebenem c) cod.) 'Afranius in der Komödie Cinerarius: id me c.c. Oder ist dies ein Substantiv, wie veru oder genu?' Das Gedicht über die Nachtigall lehrt uns, dass es sich um das Krähen des Hahnes handelt (Anthol. Lat. II n. 762 R.) u. 25 'der Hahn pflegt zu krähen.' vgl. das Fragment 161 von Sueton "de naturis animantium" S. 251 R. und die Petron-Stelle 59 'cocococo'.
Hier ist der Vollständigkeit halber noch die Petron-Stelle 59, wo cocococo belegt ist:
Auf http://htl2.linguist.jussieu.fr:8080/CGL...=311,3-315,27 B habe ich jetzt die entsprechende Charisius-Stelle gefunden, wenn auch mit einer anderen Nummerierung der Textstellen als der, die bei Ribbeck und im L&S angegeben ist. Charisius behandelt in diesem Kapitel die Interjektionen.
Abschnitt 0313 lautet:
Zitat von Charisius auf http://htl2.linguist.jussieu.fr:8080/CGL...=311,3-315,27 B|0313| «uita deum immortalium» Cato senex; |ubi Statilius Maximus: ἐκφώνησις, inquit, ἀρχαϊκή, ὡς | ὢ πόποι. |mu Plautus in caeco uel in praedonibus, |«quis tu es, qui ducis me? mu perii, hercle, Afer est». |euax Plautus in Bacchidibus, «euax aspersisti |aquam fili nuntio». Ennius quoque annalium libro | |«euax aquast aspersa Latinis». |mu pro muttire Lucilius saturarum libro II, |«non laudare hominem quemquam neque mu |facere, inquam». |o dolentis est, ut |«o terque quaterque beati», |Afranius in emancipato «o! quid clamas?». |cuccuru Afranius in cinerario, «id me |celabat. cuccuru». an nomen est, ut ueru genu? |em G(aius) Gracchus ut lex Papiria accipiatur, |«pessimi Tiberium fratrem meum optimum |interfecerunt. em! uidete quam par pari sim». at quidam |em pro en uolunt esse. sed decet commemorationi |fraternae mortis ingemescere. itaque mora distinctionis |par est ostendere adfectus. Plautus in Poenulo |«em, istaec uolo ego uos meminisse omnia». |attattatat attatae Naeuius in corollaria, |«quid salue? attattattat attatae./ |riualis, salue. quid istud uero te aduertisti tam cito?».
Ungeachtet der Tatsache, dass uns diese Stelle im Grunde genommen keine neuen Erkenntnisse bringt, freut es mich, dass wir die Charisius-Originalstelle einsehen können. Man fühlt sich einfach sicherer, wenn man etwas mit eigenen Augen gesehen hat, als wenn man nur das glauben soll, was andere schreiben.
Im Buch The Birds of the Latin Poets des Autors Ernest Whitney Martin findet sich ein etwas längeres Zitat des Carmen de philomela aus der Anth. Lat. II, nach der ich verzweifelt suche:
Ich gehe davon aus, das CUCCURU bzw. CUCURRU entweder kikeriki bedeutet und somit eine onomatopoetische Interjektion ist oder dass es sich - wenn wir so skeptisch sind wie Charisius - eventuell um ein Substantiv auf -u handeln könnte, das einfach nur lautmalend das Krähen des Hahnes bezeichnet.
Persönlich tendiere ich vom Gefühl her eher zur lautmalenden Interjektion und würde mich in meiner Sicht der Dinge dem Georges anschließen. Das L&S ist da wesentlich vorsichtiger, wenn dort steht: cuccuru (cŭcurru), a word of unknown signif.. L&S berücksichtigt also die Frage, die Charisius formuliert: an nomen est, ut ueru genu?
• CUCCURU in der Schreibung mit zwei C und einem R ist in einem Original-Fragment von Lucius Afranius belegt.
• CUCURU in der Schreibung mit einem C und einem R scheint in mindestens einem Codex belegt zu sein, allerdings mit einem hochgestellten, d.h. darüber geschriebenen zweiten C - wie aus dem textkritischen Apparat in der Ausgabe Comicorum romanorum praeter Plautum et Terentium Fragmenta von Otto Ribbeck hervorgeht. Dieses zweite, darüber geschriebene C würde ich als Hinweis auf die eigentlich korrekte Schreibung mit zwei C deuten.
• CUCURRU in der Schreibung mit einem C und zwei R scheint gar nicht belegt zu sein, sondern scheint vielmehr eine Angleichung der Orthographie an das im Carmen de philomela Anthologia Latina 762 belegte Verb CUCURRIRE (= krähen, vom Hahn) sowie die entsprechende Textstelle in De naturis animantium von Sueton zu sein (siehe unten). Jedenfalls ist in den Textausgaben, die ich im Internet ausfindig gemacht habe, nirgendwo von dieser Schreibung die Rede. Auf welche Belegstelle sich L&S und Georges genau beziehen, wenn sie diese Schreibung in einem eigenen Stichworteintrag mit Verweis auf CUCCURU anführen, ist mir nicht klar.
• Der Grammatiker Charisius zitiert in seinem Buch oder Kapitel über die Interjektionen die besagte Afranius-Stelle. Er führt die Schreibung CUCCURU mit zwei C und einem R an, hinterfragt aber, ob es sich wirklich um eine Interjektion handelt. Er gibt zu bedenken, dass es sich möglicherweise auch um ein Substantiv auf -u handeln könnte (vgl. veru, genu).
Sueton, De naturis animantium (Fragment)
In diesem Fragment listet Sueton eine ganze Menge Verben auf, die für die Lautäußerungen von Tieren verwendet werden, ungefähr so: Löwen - brüllen, Bären - brummen, Pferde - wiehern, Wölfe - heulen, usw. Ich selbst kann gar nicht so viele Verben für Tierlaute auf Deutsch, bin daher gar nicht imstande, diesen an sich einfachen Sueton-Text so aus dem Stegreif ins Deutsche zu übersetzen. Aber das ist an sich auch nicht nötig, Hauptsache, wir verstehen, worum es geht.
Dort steht also unter anderem: (gallorum cucurrire uel cantare.) = Hähne - krähen oder singen. Warum dieser Passus eingeklammert ist, ist mir nicht klar. Ist dieser Satz in dem zugrunde liegenden Codex vielleicht verderbt? Leider fehlt in der Bibliotheca Augustana ein textkritischer Apparat.
Aus Scrabble-Sicht ist es eigentlich egal, ob es sich hier um eine Interjektion oder ein Substantiv handelt. Denn auch wenn es ein Substantiv ist, werden wir keine Beugungsformen aufnehmen, da in L&S keine angegeben sind.
Zitat von linhart im Beitrag #11Aus Scrabble-Sicht ist es eigentlich egal, ob es sich hier um eine Interjektion oder ein Substantiv handelt. Denn auch wenn es ein Substantiv ist, werden wir keine Beugungsformen aufnehmen, da in L&S keine angegeben sind.
Da hast du völlig Recht.
Doch warum mache ich mir hier die ganze Arbeit mit dem Recherchieren? - Es geht mir darum herauszufinden, 1. welche Kategorie im latin.dic für die beiden Wortvarianten in Frage kommt 2. ob es wirklich gerechtfertigt ist, CUCURRU mit einem C und zwei R ins dic aufzunehmen.
Liebster Iohannes Salisburgensis, jetzt müssen wir entscheiden, was wir mit den beiden im L&S als Stichworteinträge aufscheinenden Formen CUCCURU und CUCURRU machen wollen!
CUCCURU:
Da dieses Wort bei dem Komödiendichter Afranius belegt ist, würde ich dafür plädieren, es nicht in die Kategorie der Grammatiker zu geben. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob man dieses Wort in dieser Schreibung als Hapax legomenon betrachten kann oder nicht. Zählt das Wort im Zitat des Charisius als eigener, zweiter Beleg oder handelt es sich nur um die wortwörtliche Abschrift des Passus von Afranius? Da der Passus mit dem Afranius-Zitat bei Charisius cuccuru Afranius in cinerario, «id me |celabat. cuccuru». an nomen est, ut ueru genu? lautet, halte ich diese Stelle persönlich nicht für eine eigene Formulierung von Charisius und würde diese Stelle nicht als zweiten Beleg betrachten. Ich könnte mir daher vorstellen, dass es nicht grundsätzlich falsch wäre, dieses Wort nun doch in die Kategorie 4 der Hapax legomena einzupflegen.
CUCURRU:
Diese Form ist insofern problematisch, als diese Schreibung mit einem C und zwei R - nach dem zu urteilen, was ich bisher eruieren konnte - überhaupt nicht belegt zu sein scheint (vgl. meinen Beitrag #10, sondern offenbar nur eine orthographische Angleichung an das Sueton-Fragment und das Carmen de philomela (Anthol. Lat. 762, 26) ist. Ich bestreite damit gar nicht, dass diese Schreibung von den beiden wahrscheinlich die richtigere wäre - im Gegenteil; doch sehe ich nicht, wie sich diese Form als Beugungsform von dem -ire-Verb CUCURRIRE ableiten ließe. Und ich verstehe nicht, wieso diese Schreibweise einen eigenen Lemmaeintrag im L&S und im Georges hat. Im Georges steht als Quellenangabe der Kommantar zu Afranius, den ich bislang leider noch nicht in einer Online-Version gefunden habe. Ich kann mich ja noch einmal auf die Suche machen, aber leicht wird es nicht sein, diesen Afranius-Kommentar online zu finden. Nehmen wir einmal an, im Afranius-Kommentar wäre tatsächlich die Schreibweise CUCURRU mit einem C und zwei R belegt, dann hätten wir es meiner Meinung nach auch hier wieder mit einem Hapax legomenon zu tun, das in die Kategorie 4 des latin.dic eingepflegt werden sollte.
CUCURIO, CUCURIRE:
Merkwürdig ist auch, dass im L&S das Verb in der Schreibweise mit nur einem R angegeben ist. Als Beleg wird das Carmen de philomela angegeben, doch von dem Sueton-Fragment ist nicht die Rede. Der Georges hingegen verweist beim Lemmaeintrag CUCURRIO sowohl auf Sueton als auch auf das Carmen de philomela. Somit ist die Klassifizierung als Hapax legomenon und die Kennzeichnung dieses Verbs mit einem Asterisk im L&S falsch. Es handelt sich doch nicht mehr um ein Hapax legomenon, wenn es zwei verschiedene Belege gibt, denn 2 > 1. Woher kommt dieser Fehler? Ich könnte mir das nur so erklären, dass das Sueton-Fragment De naturis animantium zum Zeitpunkt der Drucklegung des L&S vielleicht noch gar nicht gefunden worden war.
Ich halte hier also den Georges für zuverlässiger als das L&S und würde ausnahmsweise einmal nicht die Form CUCURIO, CUCURIRE (mit einem R), die im L&S steht, ins latin.dic aufnehmen. Ich würde es begrüßen, wenn wir stattdessen die Form CUCURRIO, CUCURRIRE mit zwei R, die der Georges angibt, in die Standardkategorie unseres latin.dic aufnehmen würden. (In der derzeitigen Arbeitsfassung des latin.dic, die ich habe, ist CUCURIO mit einem R enthalten.)
Natürlich wäre es möglich, sicherheitshalber auch noch im OLD und im Thesaurus nachzusehen, was dort steht. Aber darf ich, Bussinatrix, es wirklich wagen, dich armes Linhärtchen schon wieder loszuschicken in die Unibibliothek, um diese beiden "Wälzer" zu konsultieren? Nur wegen eines lächerlichen lateinischen Kikeriki???