Zitat von L&Shircus (also hircŭus and ircus; cf. Quint. 1, 5, 20; and the Sabine form, FIRCUS, Varr. L. L. 5, § 97 Müll.; cf. haedus init. ), i, m., a he-goat, buck (cf. haedus, caper). I. Lit., Verg. E. 3, 8; 91; id. G. 3, 312; Hor. Epod. 16, 34; id. A. P. 220 ( Plin. 37, 4, 15, § 60: foedissimum animalium).— II. Transf. A. Like caper, a goatish smell, the rank smell of the armpits : hircum ab alis (sapere), Plaut. Ps. 2, 4, 48: alarum, Cat. 71, 1: an gravis hirsutis cubet hircus in alis, Hor. Epod. 12, 5: pastillos Rufillus olet, Gargonius hircum, id. S. 1, 2, 27; 1, 4, 92.— B. An epithet applied to a filthy person: hircus, hara suis, Plaut. Most. 1, 1, 38: propter operam illius hirqui improbi edentuli, id. Cas. 3, 2, 20.— C. Of voluptuous persons, id. Merc. 2, 2, 1; 4; Cat. 37, 5; Poët. Atell. ap. Suet. Tib. 45.
Hier habe ich den Verdacht, dass es sich bei hircŭus um einen Fehler handeln könnte, und zwar sollte es vermutlich hirquus heißen. Es gibt nämlich einen Verweis von hirquus:
Zitat von L&Shirquus, i, v. hircus.
Im Text des hircus-Artikels kommt die Form hirqui vor, aber keine Form von hircuus.
Auch Georges kennt zwar hirquus, aber nicht hircuus.
Zitat von linhartDie Literaturangabe "Cas. 3, 2, 20" verstehe ich nicht ("Cas." scheint nicht im Abkürzungsverzeichnis auf).
Zunächst zu deiner Frage.
Schau mal genau hin, Linhart, wie das dort steht:
B. An epithet applied to a filthy person: hircus, hara suis, Plaut. Most. 1, 1, 38: propter operam illius hirqui improbi edentuli, id. Cas. 3, 2, 20.—
Das heißt, der zuerst genannte Beleg ist Plautus, Mostellaria 1,1,38 --> http://www.thelatinlibrary.com/plautus/mostellaria.shtml. In der Zählweise der Verse auf dieser Webseite ist dieser Vers jedoch der Vers 40 - aber egal, es ist jedenfalls die richtige Stelle:
Zitat von Plautus, Mostellaria, 1,1,40, auf http://www.thelatinlibrary.com/plautus/mostellaria.shtmlGR. Quam confidenter loquitur. TR. At te Iuppiter dique omnes perdant, fu, oboluisti alium. germana inluvies, rusticus, hircus, hara suis, 40 caeno kopron commixte. GR. Quid vis fieri?
Als zweiter Beleg wird genannt: id. Cas. 3, 2, 20. "id." = "idem" (derselbe, ebenso, gleichermaßen) bedeutet, dass sich dieser Beleg ebenfalls bei Plautus befindet, allerdings nicht in der Komödie Mostellaria, sondern in der Komödie Casina --> http://www.thelatinlibrary.com/plautus/cas.shtml. Leider ist auf dieser Webseite überhaupt keine Verszählung vorhanden.
Zitat von Plautus, Casina, auf http://www.thelatinlibrary.com/plautus/cas.shtmlAL. Quid ego nunc faciam? flagitium maxumum feci miser Propter operam illius irqui improbi edentuli, Qui hoc mihi contraxit. operam uxoris polliceor foras Quasi catillatum. flagitium hominis, qui dixit mihi Suam uxorem hanc arcessituram esse: ea se eam negat morarier.
Damit, lieber Linhart, ist erst mal deine Frage, was die Abkürzung "Cas." bedeutet, beantwortet. Ab jetzt dürftest du mit derartigen Quellenangaben, wo "id." dabei steht, etwas besser zurechtkommen...
Was wir aber auch sehen, ist, dass L&S die Stelle in der plautinischen Komödie Casina als Beleg für die Form hirqui angeben, während auf der Webseite http://www.thelatinlibrary.com/plautus/cas.shtml genau an dieser Stelle die Lesart ohne h und mit q, irqui, gewählt wurde. Auf derselben Webseite der Latin Library findet sich innerhalb derselben Komödie aber auch die Schreibweise ohne h und mit c:
Danke schon mal für die Erklärung, wie "id." bei Literaturangaben zu verstehen ist!
Bin schon gespannt, was du bezüglich des sabinischen FIRCUS herausbekommst.
Aber da FIRCUS im L&S ein eigenes Stichwort ist, sollten wir es eigentlich gelten lassen:
Zitat ‡ fircus, i, m., v. hircus init.
Gemäß der Markierung gehört es in die Kategorie 3 (alte Grammatiker). Eventuell könnte ich mir auch Kategorie 2 vorstellen (nicht-griechische Fremdwörter).
Aber dann stellt sich sofort die Frage, ob wir auch FEDUS gelten lassen sollten:
Zitat fēdus, v. haedus.
Hier steht keine Markierung dabei, aber auch keine Beugungsangabe. Ich kopiere auch noch den Artikel für HAEDUS herein:
Zitat haedus (less correctly hoedus, and archaic aedus or ēdus; cf. Quint. 1, 5, 19, and see the letter H; Sabine, fedus, like fircus for hircus, cf. Varr. L.L. 5, § 97 Müll., and see the letter F), i, m. Sanscr. huda, ram; O. H. Germ. Geiz; cf. Gr. χιμαρος, a young goat, a kid (cf.: hircus, caper). I. Lit., Varr. R. R. 2, 3, 4; 8; Cic. de Sen. 16, 56; Verg. G. 4, 10; Hor. C. 3, 18, 5; id. Epod. 2, 60; Mart. 10, 87, 17.—As a fig. for wantonness: tenero lascivior haedo, Ov. M. 13, 791; as a fig. of weakness, Lucr. 3, 7.— II. Transf., plur.: Haedi, a small double star in the hand of the Waggoner (Auriga), Cic. poët. N. D. 2, 43, 110; so in plur., Varr. R. R. 2, 1, 8; Col. 11, 2, 73: pluviales Haedi, Verg. A. 9,668; cf. nimbosi, Ov. Tr. 1, 11, 13. —In sing.: purus et Orion, purus et Haedus erit, Prop. 2, 26 (3, 22), 56.
Prima, dass du FIRCUS schon als eigenen L&S-Stichworteintrag gefunden hast. So weit war ich noch gar nicht gekommen. Interessant! Das würde dafür sprechen, dass L&S dieses Wort als im Lateinischen geläufiges Wort betrachten und dass die Aussage Varros - der sicher nichts Falsches geschrieben hat, so intelligent und gebildet wie dieser Mann war - so zu interpretieren ist, dass Sabinisch im weitesten Sinne ein lateinischer Dialekt ist.
Die in meinem vorigen Beitrag genannte Dissertation behandelt jedenfalls Fragen, die in diesem Zusammenhang für uns wichtig sein können. Ich muss das alles aber erst einmal lesen. Bislang habe ich nur mal diagonal durchgeblättert und mit der Wortsuche des Adobe Readers gefunden, dass auf Seite 141 (von 419) sowie auf Seite 142 (von 419) genau das Wort fircus behandelt wird (diese Seitenangaben beziehen sich der Einfachkeit halber auf das Zählwerk des Adobe Readers). Ich kann mit den phonologischen Analysen im Moment aber noch nicht allzu viel anfangen, weil mir der Kontext noch fehlt.
Lieber Linhart, jetzt ist erst mal wieder Indogermanistik angesagt!!!
Ich habe zunächst an anderer Stelle recherchiert und auf http://www.indoger.uzh.ch/fachschaft/pdf..._Linguistik.pdf das Skript eines Proseminars des Indogermanischen Seminars der Universität Zürich gefunden: Proseminar: Einführung in die lateinische Linguistik - WS 2005 / 2006 - N. Vrticka
Auf Seite 11 (von 63 im Zählwerk des Adobe Readers) ist die Einteilung und Aufgliederung der italischen Sprachen als Untergruppe der indogermanischen Sprachen sehr schön skizziert:
EDIT Bussinchen 2014-07-12: All die oben angegebenen Links sind leider nicht mehr aktuell, denn die Webseite des Instituts für Indogermanistik der Universität Zürich wurde offenbar völlig neu gestaltet; siehe http://www.comparativelinguistics.uzh.ch/index.html. Das Institut heißt jetzt "Institut für Vergleichende Sprachwissenschaft" und die Webseite befindet sich erst im Aufbau (Stand 2014-07-12). Ich konnte das Skript von dem obengenannten Proseminar zum Glück doch noch ergooglen. Allerdings ist es nicht mehr online einsehbar, sondern kann nur auf den eigenen Rechner heruntergeladen werden. Aus diesem Grund erlaube ich mir, dieses Skript Vrticka_Linguistik.pdf hier im Forum als Dateianhang einzustellen, und ich hoffe, dass ich damit nicht gegen das Copyright verstoße, sondern dass unsere Verwendung dieses für uns so wichtigen Dokuments als Fair Use zu betrachten ist. Ich befürchte nämlich, dass dieses Dokument eines Tages vielleicht überhaupt nicht mehr im Internet verfügbar sein wird. Aber wir brauchen doch dieses Dokument für unsere Zwecke hier im Latein-Forum. /EDIT Ende
Demnach wäre Sabinisch kein latino-faliskischer, geschweige denn ein lateinischer Dialekt, sondern ein oskisch-umbrischer Dialekt.
Im Skript des Seminars "Die sabellischen Sprachen" der Universität Freiburg im Sommersemester 2008 (M. J. Kümmel, siehe http://www.indogermanistik.uni-freiburg....ischen-sprachen) lesen wir auf Seite 3 (von 23 im Zählwerk des Adobe Readers):
Unter „Sabellisch“ versteht man heute meist die früher als „Oskisch-umbrisch“ bezeichnete Sprachfamilie der italischen Sprachen. Da inzwischen außer Oskisch und Umbrisch auch nennenswerte Textmengen anderer verwandter Sprachen lesbar geworden sind, ist die alte Bezeichnung nicht mehr angemessen. Daher wird heute zunehmend der schon bei den Römern geläufige Begriff der Sabelli verwendet.
1.2 Die sabellischen Sprachen
1.2.1 Das Oskische
Oskisch war die Sprache der „Samniten“. Diese Stämme lebten im Süden Italiens gesprochen, in Samnium, Kampanien, Nordapulien, Lukanien und Bruttium. Die Bezeichnung „Oskisch“ für deren Sprache folgt den lateinischen Autoren, die hier den Namen eines kampanischen Stammes für die Sprache allert Samniten verwendeten. Über 200 Inschriften sind bekannt, die meisten jedoch kurz oder fragmentarisch. Die ältesten sind Münzlegenden vom Ende des fünften Jahrhunderts, die jüngsten stammen aus Pompeii vor dessen Zerstörung, der größte Teil des Materials gehört in die Periode zwischen 300 und 90 v. u. Z. Hauptsächlich wurde die einheimische oskische Schrift benutzt, außerdem aber auch die griechische und lateinische Schrift.
1.2.2 Das Umbrische
Umbrisch wurde auf einem sehr viel kleineren Gebiet im Osten Etruriens und (nord)östlich von Rom gesprochen. Es ist vor allem aus den Tabulae Iguvinae „Iguvinischen Tafeln“ bekannt, dem längsten sabellischen Textdokument überhaupt: diese Bronzetafeln wurden im 15. Jh. in Gubbio, dem antiken Iguvium, gefunden und stammen wohl aus den letzten Jarhunderten v. u. Z. Sie enthalten Ritualanweisungen einer Priesterbruderschaft; ein Teil von ihnen ist offenbar älter (3. Jh.) und verwendet das einheimische Alphabet, der andere ist jünger (Ende 2. Jh.) und in lateinischer Schrift geschrieben. Daneben sind nur kurze Inschriften bekannt, die älteste aus dem 7. Jh.
1.2.3 Das Südpikenische (Sabinische)
Erst in jüngster Zeit wurden die antiken Inschriften, die man im südlichen Picenum gefunden hatte, richtig gelesen. Die darin enthaltene Sprache nannte man dann Südpikenisch, doch gibt es auch Funde aus der Nähe von Rom, und einiges deutet darauf hin, dass hierher auch die Sprache der aus den lateinischen Quellen gut bekannten Sabiner gehört. Diese Inschriften stammen vor allem aus dem 6. und 5. Jahrhundert, sind also deutlich früher als die Masse der oskischen und umbrischen Texte. Einige alte Inschriften aus Lukanien und Samnium (6. Jh.) scheinen ebenfalls hierher zu gehören und aus der Zeit vor der Oskisierung dieser Gebiete zu stammen, sie werden als präsamnitisch zusammengefasst.
Die an der Adria gelegene Region Picenum ist auf der Karte des frühantiken Italien hellblau eingezeichnet.
Fazit:
Sabinisch ist also kein latino-faliskischer, geschweige denn ein lateinischer Dialekt, sondern ein oskisch-umbrischer Dialekt bzw. eine eigene Sprache der oskisch-umbrischen Sprachfamilie, wobei letztere auch als sabellische Sprachen bezeichnet werden.
Zitat von http://www.indoger.uzh.ch/fachschaft/pdf/Encheiridion.pdf, Seite 167.1 Was ist denn eigentlich ein Dialekt? Im Alltag verwenden wir den Begriff "Dialekt" in einem Kontrast zu "Sprache". Es ist aber nicht wissenschaftlich, diese beiden unterscheiden zu wollen; eine scharfe Grenzziehung nach sinnvollen Kriterien ist nämlich gar nicht möglich. Darum geniesst der Begriff "Dialekt" in der Sprachwissenschaft dasselbe Prestige wie "Sprache" und ist gleichbedeutend, und mehr noch: Eigentlich ist "Dialekt" der wissenschaftliche Begriff, "Sprache" dürfte man im Prinzip gar nicht verwenden; auf jeden Fall kann man alles, was man als Sprache bezeichnet, in der Wissenschaft ebensogut Dialekt nennen.