dĕ-ĕo, īre, for abeo, very doubtful; defended by Gronov. ad Stat. Th. 2, 551; cf.: I. ullis ad signa deeuntibus, Sall. Fragm. in Mai. Auct. Class. 1, p. 418 (dub.: ex redeuntibus corruptum, Dietsch, Sall. Hist. 3, 67, 2).
Ich wäre dafür, solche zweifelhaften Wörter grundsätzlich wegzulassen.
Zitat von linhartDas ist wieder quasi ein Forschungsprojekt:
dĕ-ĕo, īre, for abeo, very doubtful; defended by Gronov. ad Stat. Th. 2, 551; cf.: I. ullis ad signa deeuntibus, Sall. Fragm. in Mai. Auct. Class. 1, p. 418 (dub.: ex redeuntibus corruptum, Dietsch, Sall. Hist. 3, 67, 2).
Ich wäre dafür, solche zweifelhaften Wörter grundsätzlich wegzulassen.
Ein kleines Forschungsprojekt, ja..., ach ja...
Nun schaun wir mal, was ich Schönes gefunden habe...
Zunächst schauen wir uns in der Leipziger Teubner-Ausgabe von Gustav Queck aus dem Jahre 1854 die Textpassage aus der Thebais von Statius, Buch II, Vers 551, an. Hier hat der Herausgeber die Variante prodire statt deire gewählt:
Dazu sehen wir uns gleich noch die recht altertümliche deutsche Übersetzung von A. Imhof, Leipzig 1885, an:
Aber das war nur das Vorgeplänkel; jetzt geht's zur Sache!
Wir schauen uns die besagte Textstelle in der Ausgabe von Alfred Klotz, Leipzig, Teubner, 1908 an, denn hier sehen wir im textkritischen Apparat die für uns wichtigen Angaben zur handschriftlichen Überlieferung:
Leider ist die Faksimile-Seite mit dem textkritischen Apparat nicht korrekt eingescannt, es fehlt ein Stück am rechten Rand. Dies finde ich in unserem Fall besonders schade, weil ich gern die ganzen Angaben zum Wort deire gesehen hätte.
Wir sehen, dass Klotz die Variante deire gewählt hat. Im textkritischen Apparat steht, dass im Codex P (Codex Parisinus 8051 aus dem 9. Jahrhundert) wie auch in den Scholien Σ dedire steht, während in den übrigen Codices ω prodire steht. Der Rest dieser Zeile des textkritischen Apparats ist leider nicht mehr zu lesen. Wir haben es hier also mit unterschiedlicher Überlieferung der besagten Textstelle zu tun. (Zu den Codices siehe http://www.archive.org/stream/ppapinista...ge/n80/mode/2up und http://www.archive.org/stream/ppapinista...ge/n82/mode/2up.)
Es bleibt festzuhalten, dass die Variante deire in weit mehr Codices überliefert ist als die Variante prodire, die ja nur in dem einen Codex Parisinus inkl. Scholien überliefert ist. Offenbar hatte Gronovius für die Richtigkeit der Variante deire argumentiert. Für diese Lesart spricht die Häufigkeit der Variante deire in den Codices und möglicherweise das Argument der Lectio difficilior insofern als das Wort ungewöhnlich ist und von den Mönchen, die den Codex Parisinus schrieben, vielleicht gar nicht richtig verstanden wurde.
Das Versmaß wäre ein Argument gegendeire, wenn man glaubt, dass de- wirklich eine kurze Silbe ist, so wie im L&S bei DEEO angegeben. Ich würde normalerwiese jedoch davon ausgehen, dass solche Verben, wenn sie denn existieren, die sonst übliche Vorsilbe de- mit langem E haben.
Da kann man sich vorstellen, wie anregend die Beschäftigung mit Scrabble für Lateinstudenten (und -professoren) sein könnte!
Zu deinem letzten Beitrag: Mir ist aufgefallen, dass die Vorsilbe de- in L&S immer kurz ist, wenn nachher ein Vokal kommt. Das scheint auch im Georges so zu sein.
Zitat von linhart1. Da kann man sich vorstellen, wie anregend die Beschäftigung mit Scrabble für Lateinstudenten (und -professoren) sein könnte!
2. Zu deinem letzten Beitrag: Mir ist aufgefallen, dass die Vorsilbe de- in L&S immer kurz ist, wenn nachher ein Vokal kommt. Das scheint auch im Georges so zu sein.
zu 1. --> <grins> hihihi
zu 2. --> Oh danke! Das ist ja eine hochinteressante Beobachtung, Spürnase Linhart! Das war mir bisher noch gar nicht aufgefallen! Ein sehr wichtiger Aspekt! Ich war nämlich schon am Zweifeln und fragte mich, ob L&S da vielleicht ein Fehler unterlaufen ist...
Ich habe mir zur Gültigkeit von deire jedenfalls noch keine klare eigene Meinung gebildet. Warten wir mal noch ein bisschen.
Zitat von linhart Mir ist aufgefallen, dass die Vorsilbe de- in L&S immer kurz ist, wenn nachher ein Vokal kommt. Das scheint auch im Georges so zu sein.
Dieser Aspekt erhärtet mein Argument, dass die Metrik gegen die Richtigkeit von deire spricht. Dichter wie Statius beherrschten ihre Hexameter, da besteht überhaupt kein Zweifel. deire mit kurzer Silbe de- passt jedenfalls nicht richtig ins Versmaß hinein, prodire mit langer Silbe pro aber schon.
Nebenbei bemerkt: Das Argument der Lectio difficilior muss man etwas differenzierter sehen, weil es mit Wahrscheinlichkeit zu tun hat. Oft stimmt dieses Argument, aber es muss ja nicht immer stimmen, denn auch was sehr wahrscheinlich ist, muss deshalb noch lange nicht eintreten. Manchmal kann sehr wohl auch das einfachere Wort das richtige sein.
Für mich ist das ein überzeugendes Argument dafür, dass es dort nicht deire heißen kann.
Ob einer dieser großen Gelehrten überhaupt bemerkt hat, dass man so argumentieren kann? Oder ist die Kombination von uns beiden in manchen Fragen diesen Koryphäen sogar überlegen?
Zitat von linhartOb einer dieser großen Gelehrten überhaupt bemerkt hat, dass man so argumentieren kann? Oder ist die Kombination von uns beiden in manchen Fragen diesen Koryphäen sogar überlegen?
Klar sind wir zwei unschlagbar, Linhart!
Wenn ich nur mal die Argumente von Gronovius einsehen könnte. Der war garantiert kein Dummkopf. Insbesondere damals, wo die womöglich auch noch fließend Latein gesprochen haben...
Ach sicher haben die sich das Versmaß angeguckt. Es würde mich wundern, wenn nicht.
Im Wikipedia-Artikel über Gronovius steht ja auch: "Seine Observationes enthalten eine große Zahl von brillanten Emendationen." Ich würde so gern die Observationes von Gronovius online finden...
Was natürlich nicht heißt, dass er nicht auch mal daneben gelegen haben könnte... Aber wer hat nun Recht: Die Herren Lewis und Short oder der Herr Gronovius...?
Vielleicht hätte ja der Herr Holzberg Recht, wenn er sich nur dazu aufraffen könnte, sich hier bei uns einzubringen... Was weiß man schon...
Man kann natürlich hergehen und in Bezug auf unser latin.dic für Scrabble3D einfach definieren: Was im L&S steht, gilt, egal, was ein Gronovius oder sonst wer gesagt hat. Dann könnte man als Grundsatzentscheidung definieren: Wenn "doubtful" dabeisteht, wird das Lemma eben nicht ins latin.dic aufgenommen, basta. Andererseits hat dieses DEEO halt doch einen eigenen Lemmaeintrag im L&S. Deswegen könnte man wiederum sagen, dass das besagte Lemma eben doch ins latin.dic aufgenommen wird, ungeachtet der Tatsache, dass "doubtful" dabeisteht.
Ich denke, die Situation ist ähnlich wie bei "incorrect" oder "not", wo wir ja auch nicht einfach alle Lemmata des L&S als gültig akzeptieren wollen. Das Problem liegt in beiden Fällen in der Abgrenzung. Sollen wir nur Wörter verwerfen, die "very doubtful" sind, oder auch solche, die nur "doubtful" sind?
Ich werde wieder eine Suche starten und dir dann berichten.
quis timor audendi, quae tanta ignauia? solus, solus in arma uoco.' neque in his mora; quos ubi plures, quam ratus, innumeris uidet excursare latebris, 550 hos deire iugis, illos e uallibus imis crescere, nec paucos campo, totumque sub armis conlucere iter (ut clausas indagine profert in medium uox prima feras), quae sola medendi
Die Meinungen der verschiedenen Herausgeber scheinen doch auseinander zu gehen...
Mich stört halt nach wie vor das Versmaß (vgl. Beitrag #5) bei der Lesart DEIRE, wenn das E der Vorsilbe wirklich kurz sein soll, so wie es im L&S angegeben ist:
Zitat von L&S, Glossa.exe, http://athirdway.com/glossa/?s=deeodĕ-ĕo, īre, for abeo, very doubtful; defended by Gronov. ad Stat. Th. 2, 551; cf.: ullis ad signa deeuntibus, Sall. Fragm. in Mai. Auct. Class. 1, p. 418 (dub.: ex redeuntibus corruptum, Dietsch, Sall. Hist. 3, 67, 2).
Zitat von L&S, Glossa.exe, http://athirdway.com/glossa/?s=deeodĕ-ĕo, īre, for abeo, very doubtful; defended by Gronov. ad Stat. Th. 2, 551; cf.: ullis ad signa deeuntibus, Sall. Fragm. in Mai. Auct. Class. 1, p. 418 (dub.: ex redeuntibus corruptum, Dietsch, Sall. Hist. 3, 67, 2).
Aber es gibt ja noch einen zweiten (von mir blau und fett markierten) Beleg, den wir bisher noch gar nicht ästimiert hatten. Ich muss mal schauen, ob ich diese Fragmente von Sallust finden kann...
Hier ist diese Ausgabe von Angelo Mai 1828:
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Diese Lesarten sind doch sehr vage, zumal es sich auch nur um Fragmente handelt...