Ich bin gerade am Aufräumen bei den Problematischen Befürwortungen / Ablehnungen.
Jähren wird analog zum SD als unpersönliches Verb behandelt, sprich nur Beugungen der 3. Person werden zugelassen. Ich will die Entscheidung nicht kritisieren, aber sie ist trotzdem problematisch, weil da doch einige andere Kandidaten gleichen Kalibers Schlange stehen ...
Ich stelle mal einen Vergleich mit dem Verb nottun an:
Immer wenn du mir am meisten nottust, bist du nicht da! "Na Alter, die volle Panik?" - "Hä?" - "Na, weil du dich morgen wieder mal jährst!"
Ich persönlich kann mich mit dem zweiten Satz ja noch eher anfreunden als mit dem ersten - womöglich fehlt es mir aber auch an sprachlicher Kreativität oder sie ist hier etwas daneben geraten. Nottun wird z.B. von Canoonet als unpersönliches Verb behandelt. Wie seht ihr das?
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Zitat von Gero Immer wenn du mir am meisten nottust, bist du nicht da! "Na Alter, die volle Panik?" - "Hä?" - "Na, weil du dich morgen wieder mal jährst!" Ich persönlich kann mich mit dem zweiten Satz ja noch eher anfreunden als mit dem ersten - womöglich fehlt es mir aber auch an sprachlicher Kreativität oder sie ist hier etwas daneben geraten. Nottun wird z.B. von Canoonet als unpersönliches Verb behandelt. Wie seht ihr das?
"jährst" könnt ich auch gerade noch ertragen... Dasselbe Problem mit unpersönlichen Verben hatten wir ja schon mehrfach. Meiner Meinung nach eine 50:50 Geschichte: rein formal und mit etwas Phantasie möglich, aber im tatsächlichen Sprachgebrauch nicht existent. Leider wohl eine no-win Situation...
Ich denke auch, das wir uns hier in einem sehr schwammigen Bereich bewegen. Hier braucht man objektive Kriterien (zB. ein "unpers." im UD). Einzelfallprüfung und -entscheidungen sind wohl kaum konsequent und nachvollziehbar durchzuführen.
Im Zweifel bin ich jeweils für Gültigkeit; ein Zeichen sprachlicher Kreativität ("oh Wunder, du geschiehst zur rechten Zeit.")
Zitat von VektorIch denke auch, das wir uns hier in einem sehr schwammigen Bereich bewegen. Hier braucht man objektive Kriterien (zB. ein "unpers." im UD). Einzelfallprüfung und -entscheidungen sind wohl kaum konsequent und nachvollziehbar durchzuführen. Im Zweifel bin ich jeweils für Gültigkeit; ein Zeichen sprachlicher Kreativität ("oh Wunder, du geschiehst zur rechten Zeit.")
Es geht doch schlussendlich darum, nach welchen Kriterien eine offizielle Scrabbledatei konfiguriert werden sollte. Da muss man mal, so weh es auch tut (no-win Situation) eine Entscheidung treffen: Entweder offen für Wortbildungen die nicht im Sprachgebrauch sind, oder eher restriktiv, angelehnt an Duden Reglementierungen.
Man muss unterscheiden zwischen unpersönlichen Verben und Verben, die es nur in der 3. Person (Singular und Plural) gibt. Bei den unpersönlichen Verben tritt nämlich nur die 3. Person Singular auf. Zur zweiten Gruppe gehören z.B. (nach derzeitiger offizieller Ansicht) "geschehen" und "jähren". Diese zweite Gruppe ist aber auch im U-Duden nicht besonders gekennzeichnet, und es scheint nicht leicht zu sein, ein einfaches Kriterium dafür zu finden. Meiner Meinung nach gehört z.B. auch "ziemen" dazu. Ich habe den Verdacht, dass das bei der jüngsten Streichung der Formen von "ziemen" übersehen wurde und dieses Verb irrtümlich als unpersönlich eingestuft wurde. Als unpersönlich sollten nur die Verben gelten, die im U-Duden also solche gekennzeichnet sind.
Bei den unpersönlichen Verben tritt nämlich nur die 3. Person Singular auf
unpersönliche Verben können (nicht müssen) auch in der 3.Person Plural Verwendung finden:
die Banken kriselten
wenn das Subjekt unpersönlich ist und um Plural stehen kann (Bussinchen sagt dazu Inanimata als Subjekt)
Ich persönlich bevorzuge hier als Überbegriff von defekten Verben zu sprechen. So machen es zumindest die Franzosen.
Gero
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Bei "kriseln" habe ich mich doch einst überzeugen lassen, dass es im Sinne des Duden nur mit "es" zu verwenden ist. Das entspricht zwar nicht meinem Sprachgefühl, aber wenn der "unpersönlich"-Hinweis im UD nur bei den "ohne Subjekt"-Verben steht, dann sollte man es auch für "kriseln" hinnehmen.
Das Textbeispiel spricht ja hier auch nicht dagegen.
Zitat von linhartMan muss unterscheiden zwischen unpersönlichen Verben und Verben, die es nur in der 3. Person (Singular und Plural) gibt. Bei den unpersönlichen Verben tritt nämlich nur die 3. Person Singular auf.
Sehr richtig, Linhart! Ausgezeichnet!!! Ich erinnere in diesem Zusammenhang gern noch mal an mein Posting vom 19.09.2008 16:22 und an mein zweites Posting vom 19.09.2008 21:41. ;-)
aha, jetzt hab ich wohl nicht aufgepasst: dann wäre der Satz: "die Banken kriselten" aus UD-Sicht (Zusatz unpersönliches Verb) wohl verkehrt?
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Zitat von Gerowenn das Subjekt unpersönlich ist und um Plural stehen kann (Bussinchen sagt dazu Inanimata als Subjekt) Ich persönlich bevorzuge hier als Überbegriff von defekten Verben zu sprechen. So machen es zumindest die Franzosen.
Gutes Gedächtnis, Gero! Bravo! Allerdings auch Einspruch, euer Ehren: Egal, ob ein Verb nur in der 3. Person Singular oder nur in der 3. Person Singular und Plural gebraucht wird - defektiv wären sie beide, denn bei beiden wären sozusagen die 1. und 2. Person Singular und Plural defekt (= fehlen, sind weg). Insofern ist mir die Bezeichnung defektives Verb zur Bezeichnung dieser Gruppe von Verben zu schwamming, zu ungenau, weil nicht eindeutig. Klar sind die defektiv, aber es gibt halt auch noch andere Gruppen von defektiven Verben.
In der lateinischen Grammatik bezeichnet man als defektive Verben z.B. auch solche, die nur im Perfektstamm auftreten (da fehlt also der Präsensstamm: meminisse = sich erinnern, coepisse - anfangen, odisse = hassen).
Im Französischen haben wir das Paradebeispiel gésir--> ci-gît - ein Verb, das nur im Infinitiv und der 3. Person Singular Präsens Indikativ (persönlich konstruiert, eigentlich nur auf Grabsteinen) vorkommt.
Zitat von Geroaha, jetzt hab ich wohl nicht aufgepasst: dann wäre der Satz: "die Banken kriselten" aus UD-Sicht (Zusatz unpersönliches Verb) wohl verkehrt?
Ja.
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Das Problem ergibt sich aus der ungenauen Verwendung des Ausdrucks "unpersönlich". Daher ist es besser, auf die Terminlogie mit Animata oder Inanimata (Lebewesen oder leblose Sachen) auszuweichen, was im Allgemeinen aber eher unüblich ist, es sei denn, man liest sprachwissenschaftliche Abhandlungen wie Seminararbeiten, Magisterarbeiten, Dissertationen, Habilitationen...
Ich würde nicht sagen, dass jähren unpersönlich ist. Wer oder was jährt sich? Der Tag, das Ereignis, die Ereignisse, der Geburtstag, die Wiedervereinigung Deutschlands, usw. = das sind alles Inanimata. Die 3. Person Plural ist möglich.
Du jährst dich: IMHO nur an den Haaren herbeigezogen zur Not poetisch denkbar: Oh du deutsche Wiedervereinigung, jährst du dich...
Zitat von VektorBei "kriseln" habe ich mich doch einst überzeugen lassen, dass es im Sinne des Duden nur mit "es" zu verwenden ist. Das entspricht zwar nicht meinem Sprachgefühl, aber wenn der "unpersönlich"-Hinweis im UD nur bei den "ohne Subjekt"-Verben steht, dann sollte man es auch für "kriseln" hinnehmen.
Danke, Bussinchen, für die ausführlichen Erklärungen! Ich glaube, dass der Begriff "unpersönlich" schon oft missverstanden wurde.
Ich habe jetzt zur Sicherheit im Grammatik-Duden nachgeschaut, und der bestätigt, was du gesagt hast (Ziffer 560).
Es bleibt aber die Frage offen, wie man entscheidet, ob ein Verb nur in der 3. Person verwendet werden darf oder soll. Solange es (außer canoo) kein zuverlässiges Wörterbuch gibt, in dem bei allen defekten Verben angegeben ist, ob dieser Fall vorliegt, bleibt wohl nur eine ausführlichere Analyse der Bedeutung und von "guten" Textbeispielen.
Apropos canoo: Dort ist "ziemen" wirklich nur in der 3. Person Singular angeführt. Das steht aber im Widerspruch zu den Textbeispielen im UD ("Dieser Platz ziemt dir nicht" lässt sich ohne weiteres pluralisieren). "jährst" wird dagegen in canoo voll durchdekliniert.
Zitat von linhartApropos canoo: Dort ist "ziemen" wirklich nur in der 3. Person Singular angeführt. Das steht aber im Widerspruch zu den Textbeispielen im UD ("Dieser Platz ziemt dir nicht" lässt sich ohne weiteres pluralisieren). "jährst" wird dagegen in canoo voll durchdekliniert.
Ich persönlich bin unabhängig von den einschlägigen Wörterbüchern und Webseiten folgender Meinung:
ziemen: 3. Person Singular und Plural, als Subjekt nur Inanimata möglich jähren: 3. Person Singular und Plural, als Subjekt nur Inanimata möglich
Meiner Meinung nach liegt canoo.net hier bei beiden Verben falsch.
Beim Verb ziemen helfen weder Bertelsmann noch Wahrig weiter. Beim Verb jähren gibt Bertelsmann an: •jäh|ren [V.1, hat gejährt; refl.] sich j. 1 zum ersten Mal wiederkehren; heute jährt sich der Tag, an dem … 2 seinen Jahrestag haben; sein Unfall jährt sich nun schon zum dritten Mal 3 [unpersönl., mit ”es“, in Wendungen wie] heute jährt es sich zum fünften Mal, dass … heute vor fünf Jahren geschah es, dass …
In der unpersönlichen Konstruktion wäre "es" nur der Platzhalter, weil das Prädikat (Verb) im deutschen Hauptsatz stets an zweiter Stelle steht und man die erste Stelle im Satz ja irgendwie besetzen muss. Würde man den Nebensatz mit dass voranstellen, dann bräuchten wir gar kein "es" mehr, da der ganze Nebensatz Subjektfunktion hat.