Welche Bedeutung haben diese Worte? Manchmal fühle ich mich ziemlich fremd
Beide Begrifflichkeiten sind Lexeme zu <Geil> , deren Auftreten signifikant häufig im Sprachschatz adoleszierender Ösis zu beobachten ist. Das Addendum <bes.> in der Erläuterung deutet wohl darauf hin, dass es sich nicht um einen Austriazismus im engeren Sinn handelt. Die Präfixe <Ur-> sind als Verstärkung des Wortstammes zu werten, mithin eine Elativform mittels Voransetzen eines Präfixes.
Eine Exegese zu <geil> wäre sicherlich von wissenschaftlichem Interesse, würde aber den Rahmen des Beitrages hier sprengen. Ich darf Grundkenntnisse hierzu doch als gegeben voraussetzen.
Das Adjektiv "geil" ( ) hat im Laufe der Zeit tatsächlich mehrere Bedeutungsverschiebungen erfahren, die neueste vom Vulgarismus hin zur neutralen positven Bedeutung. Interessante Aspekte, nicht nur für Scotty! Mehr dazu aber demnächst. Heute ist schönes Wetter und da sitze ich dann ausnahmsweise mal nicht dauernd am PC!
Die Begriffe GEIL und COOL sind mir schon geläufig, auch in den verschiedenen Bedeutungen. Bisher kannte ich aber noch nicht die Möglichkeit der Steigerung per UR. Dass dem so ist, hatte ich schon erraten und per Google-Suche (bitte hier kein Verb denken! ) verifiziert.
Auch in der schwedischen Umgangssprache sind positiv zu deutende Elativformen mit dem Präfix ur- geläufig: z.B. ursnygg = ungefähr: wahnsinnig hübsch, überaus hübsch
geil: Die ursprüngliche Bedeutung von geil war im Mittel- und Althochdeutschen kraftvoll, üppig, lustig, fröhlich, ohne jegliche sexuelle oder gar vulgäre Konnotation. Der germanische Wortstamm findet sich wieder im älteren Niederländischen gijlen = gären und im Norwegischen gil = gärendes Bier. Das altgermanische Adjektiv bedeutete also ursprünglich in Gärung befindlich, aufschäumend, dann erregt, heftig. Der im heutigen Sprachgebrauch übichen Bedeutung von geschlechtlich erregt, brünstig liegt also ein späterer Bedeutungswandel, genauer genommen eine Bedeutungsverengung, zugrunde. Die jüngste Entwicklung in der Jugendsprache, wo geil in der Bedeutung von toll, großartig gebraucht wird, ist daher wieder eine Bedeutungserweiterung, die in die Richtung der ursprünglichen alt- und mittelhochdeutschen Grundbedeutung geht.
Solche Sachen finde ich ausgesprochen geil! Also ihr könnt jetzt auch gern "überschäumen" vor Freude, vor Glück, vor sexueller Erregung, oder einfach, weil ein Popkonzert klasse war oder eine wunderschöne neue Nagellackfarbe auf den Markt gekommen ist - warum denn nicht?! Leider ist das von geil abgeleitete Verb geilen im Sinne von ausgelassen sein, (von Pflanzen) üppig wachsen heute veraltet. Heute wird leider nur noch (sich) aufgeilen in der Bedeutung (sich) geschlechtlich erregen verwendet. Aber ich selbst werde ab jetzt auch heute noch geilen, wenn ich etwas leiwand finde, das garantier ich euch! Und meine Pflanzen werden das auch tun, wenn ich sie mit Substral füttere!
ur...: Das gemeingermanische Präfix wird heute nur noch in nominalen Zusammensetzungen verwendet. In Zusammensetzungen mit Verben erscheint es hingegen nur noch in der abgeschwächten Form er-, etwa in erlauben. Vergleiche hierzu die nominale Zusammensetzung Urlaub (= die Erlaubnis, aus der Arbeit fern zu bleiben). ur gehört zum gleichen Stamm wie (her)aus. Diese Grundbedeutung von ur ist heute noch deutlich erkennbar in Wörtern wie Ursprung und Ursache. Heute bezeichnet das Präfix ur... den Anfangszustand einer Sache (aus dem etwas entspringt) oder den ersten Vertreter einer Gattung: Urwald, Urmensch.
Nun zurück zu unseren Ausdrücken urgeil, urcool. URGEIL bedeutet also nichts anderes als (in der Rangordnung) an allererster Stelle stehend aufschäumend bzw. heftig; URCOOL bedeutet an allererster Stelle stehend und ruhig, überlegen, kaltschnäuzig bzw. hervorragend.
Wenn wir vorhin schon beim Schwedischen waren: Die Präposition bzw. das Adverb ur bedeutet im Schwedischen heute immer noch aus, heraus und wird genau in dieser gemeingermanischen Form auch fleißig als Präposition und Adverb gebraucht: Vattnet rinner ur badkaret. = Das Wasser läuft aus der Badewanne ab. Vattnet rinner inte ur. = Das Wasser läuft nicht ab (ab im Sinne von heraus).
Vorhin hatte ich gesagt, dass ursnyggüberaus hübsch bedeutet. Da haben wir's ja schon haargenau: ursnygg = überaus hübsch = über + aus + hübsch = über, an erster Stelle, zuoberst + aus (allem) heraus(ragend) + hübsch.
Damit hätten wir eine urgeile Paraphrase für URGEIL: überaus überschäumend oder (aus allem) zuvorderst (herausragend) kraftvoll.
"leiwand" ist ein Wort, das ich schon seit meiner Kindheit kenne (ich bin in der Nähe von Wien aufgewachsen). Ich freue mich daher, dass es jetzt auch im Duden steht. Meine Frau (sie stammt aus Oberösterreich) kennt dieses Wort nur von ihrer Wiener Studienzeit. "geil" in der Bedeutung "großartig" kenne ich auch schon seit meiner Schulzeit, es dürfte aber ziemlich weit verbreitet sein. Die Steigerung mit "ur-" gibt es noch nicht so lange, und sie ist sicher nicht typisch wienerisch. Insbesondere ist sie auch bei Salzburger Jugendlichen in Verbindung mit verschiedenen Wörtern sehr beliebt. Dass "urleiwand" (noch) nicht im Duden steht, ist nicht weiter verwunderlich, fehlen doch ziemlich viele zusammengesetzte Wörter (siehe entsprechende Rubrik im Scrabble-Blog).
Lieber Linhart! Sind urleiwand, deine Ausführungen!
Übrigens: Bei uns zu Hause ist "leiwand" inzwischen zum geflügelten Wort geworden! Zuerst war's nur witzig gemeint, weil es sowohl für mich als auch für meinen Mann ein neues, kurioses Wort war. Aber jetzt sagt sogar mein Mann, der ja Schwede ist, immer "leiwand"! Auch das ist leiwand! Eben weil's so kurios ist!