Singularformen der Distributiva: Überlegungen und Gesamtbilanz
Weiteren Aufschluss könnte, eventuell, nur der Thesaurus geben, aber eben leider auch nur bedingt, weil der Thesaurus ja noch gar nicht in allen Bänden vorliegt.
Wahrscheinlich dürfte es aber darauf hinauslaufen, dass der Thesaurus im Großen und Ganzen zu einem ähnlichen Ergebnis kommt wie ich mithilfe des L&S, des Georges und der PHI-Suche.
Man kann sich die Frage stellen, • warum bei sämtlichen Distributiva von 1 - 12 Singularformen belegt sind, • warum bei vielen, aber eben doch nicht mehr bei allen Distributiva von 20 bis 90 Singularformen belegt sind, • warum ausgerechnet bei 100 extrem viele Singularformen belegt sind, • warum bei keinem der Distributiva von 200 - 900 Singularformen belegt sind.
Gehen wir zurück zu Kühner. Kühner schreibt, dass die Singularformen vor allem bei Dichtern im Sinne von Kardinalzahlen anzutreffen sind (siehe --> http://archive.org/stream/ausfhrlichegra...ge/644/mode/2up ). Nun muss man sich vor Augen führen, dass Zahlwörter im Einerbereich und bis zum vollen Dutzend sehr allgemeine Wörter sind, die anstelle von Kardinalzahlen eben auch sehr häufig in der Dichtung auftreten können. Dasselbe gilt für die Zahl 100, die in gewisser Weise eine markante Zahl darstellt, die möglicherweise häufig übertragen im Sinne von "sehr viele" verwendet wurde (vgl. etwa Catull, Carmen 5) und die sich vor allem mithilfe der Multiplikativa bis, ter, quater usw. beliebig multiplizieren lässt. Dahingegen haben die Distributiva von 20 bis 90 und insbesondere die von 200 bis 900 doch eher technischen Charakter (vgl. die Angaben zu Abmessungen von Rohren bei Frontinus, De Aquis Urbis Romae, 39ff) und dürften demgemäß kaum mehr in der Dichtung anzutreffen sein, insbesondere in anbetracht der Tatsache, dass eine zusätzliche Vervielfachung dieser bereits präzisen Zahlenangaben mithilfe von Multipliktiva doch ziemlich unsinnig erscheint (im Gegensatz zur Zahl 100). Welche Belege für Singularformen wir haben bzw. nicht haben, dürfte also eng mit der Semantik der Distributiva in Verbindung mit den entsprechenden Textsorten verknüpft sein. Ich denke aber, dass auch nicht belegte Singularformen der eher technisch konnotierten Distributiva aus dem höheren Zahlenbereich der Hunderter rein theoretisch denkbar und verständlich wären - es wäre gewissermaßen nur ein stilistischer Bruch, wenn solch ein spezifischer Terminus technicus plötzlich in einem Gedicht verwendet würde.
Jetzt, wo ich es so betrachte, überrascht es mich - im Gegensatz zu gestern Nacht, als ich hierzu meine Zwischenbilanz schrieb - eigentlich gar nicht mehr, dass bei den Distributiva von 200 bis 900 überhaupt keine Singularformen mehr belegt sind. Im Gegenteil, es ist doch sehr einleuchtend, dass es so ist.