Einen Eintrag für MELTOM oder eine Randbemerkung, wo etwa das Wort MELTOM vorkäme, habe ich in der Paulus-ex-Festo-Ausgabe von Thewrewk, die online einsehbar ist, nicht gefunden. De verborum significatu quae supersunt com Pauli epitome. Edidit Aemilius Thewrewk de Ponor. Pars 1 (1889)
Es kann sich also tatsächlich um eine korrupte Stelle bei Paul. ex Fest. handeln, wie Lindsay geschrieben hat. Wahrscheinlich hat Thewrewk diese Lesart deshalb nicht in seine Paulus-Ausgabe übernommen, sondern nur hinten im Index verborum angegeben.
Dies, und nicht zuletzt auch die ungewöhnliche Lautung von MELTOM, deutet darauf hin, dass dieses Wort ungültig sein dürfte.
Zitat von Georges auf http://www.zeno.org/Georges-1913/A/bonus[...] Kompar. arch. Akk. meliosem, Varr. LL. 7, 27. Paul. ex Fest. 122, 2 = 87, 25 Thewr. (nach Bugges Vorschlag): Abl. Sing. gew. meliore, doch auch meliori, Act. fr. Arv. aus dem J. 101. I. lin. 73. Corp. inscr. Lat. 8, 1183 (aber Cic. Quinct. 4 Kayser und Müller meliore): arch. Dat. od. Abl. Plur. meliosibus, Paul. ex Fest. 264, 6. – Superl. auch gedehnt opitumus, Corp. inscr. Lat. 1, 1016: opitimus, Corp. inscr. Lat. 6, 2440. [...]
Georges zitiert also genau die Stelle bei Paul. ex Fest., die ich bereits gefunden und in Form von eingescannten Bild-Dateien in meinen vorigen Beitrag eingebunden habe.
Hier hätte Georges eigentlich die Form MELTOM erwähnen können, er hat es aber nicht getan. Wahrscheinlich ist es so, dass sich Georges der Meinung von Thewrewk und Bugge, wer auch immer das sein mag, angeschlossen und die Korrektheit des Wortes MELTOM verworfen hat.
Die archaischen Formen MELIOSEM und MELIOSIBUS stehen bislang nicht im latin.dic. Es stellt sich überhaupt die Frage, ob wir mal alle archaischen Formen von BONUS - MELIOR - OPTIMUS durchgehen sollten.
In der Ausgabe Sexti Pompei Festi De verborum significatione quae supersunt: cum Pauli epitome von Müller, 1839, finde ich das hier:
Und auf Seite 122 steht Folgendes:
Dort steht also:
3. MELTOM] Meliom scribendum putat Scal.; codd. lectionum defendit Lind., tanquam idem voc., unde Graeca βιλτίων, βίλτιστος ducta sint.
Es scheint also so zu sein, dass in den Handschriften (= Codices) die Form MELTOM steht, dass Scaliger aber für die Emendation MELIOM plädierte. Scaligers Idee ist meines Erachtens gar nicht schlecht. Lindemann [vgl. Fußnote 1] hingegen hat offenbar die Original-Lesart der Codices verteidigt. Die Form MELIOSEM, die Bugge vorgeschlagen hat und die bei Thewrewk steht, scheint also eine Konjektur oder Emendation zu sein.
Man müsste nun wissen, in welchem Verhältnis die einzelnen Handschriften zueinander stehen, d.h. wer von wem abgeschrieben hat, oder ob es gleichaltrige, voneinander unabhängige, parallele Codices als Archetypen gibt.
Wie ich die Sache einschätze, ohne die Überlieferungsgeschichte und die Codices zu kennen, so erscheint mir die Lesart MELTOM, die in den Codices überliefert ist, falsch. Ich persönlich würde mich auch nicht Bugge und Thewrewk, sondern lieber Scaliger anschließen, und zwar aus dem Grund, weil 1. das T und das I sehr ähnlich aussehen und die Kopisten leicht ein T statt eines I schreiben könnten, insbesondere dann, wenn auf dem Papier noch ein kleiner Fleck war (z.B. ein Fliegenschiss ), 2. weil die Anzahl der Buchstaben von MELTOM und MELIOM übereinstimmt (je sechs), und weil 3. die Endung -om typisch altlateinisch ist und sich z.B. auch bei Plautus sehr häufig -om statt -um findet (so auch bei quom statt cum).
Wenn man sich Scaliger anschließen würde, dann würde der Passus bei Paulus ex Festo lauten:
Meliom - meliorem dicebant
Das wäre insofern eine Lectio difficilior, als es sich bei meliosem-meliorem um das relativ "banale" lautliche Phänomen des Rhotazismus handelt. Im Vergleich hierzu hätte da meliom-meliorem schon eher eines Kommentars seitens Festus und Paulus bedurft.
Bussinatricis persönliche Meinung:
Doch an sich geht es uns ja nicht um die Frage, welche Lesart nun die richtige sein könnte, sondern darum, ob das Wort MELTOM im latin.dic bleiben oder besser gestrichen werden sollte. Ich persönlich tendiere dazu, das Wort MELTOM als falsche Lesart einzustufen und aus dem latin.dic zu streichen, ungeachtet der Tatsache, dass es in den Codices des Textes von Paulus ex Festus überliefert ist. Mit dieser Meinung wäre ich nicht allein, denn Georges hat das Wort MELTOM ja auch nicht aufgenommen, ja noch nicht einmal im Artikel zu BONUS am Rande erwähnt.
Oder was meinst du dazu, mi Linharte ex L&S ex Paulo ex Festo
meltom] meliosem Thetvrewk coll. Varro de l. L. 7, 27. cf Bugge, Fkck. Jahrhh. 105 {1872) p. 101
Hier ist also die Angabe, wo wir Bugges Argumentation für die Konjektur MELIOSEM lesen können.
Ich guck jetzt noch bei Varro, De Lingua Latina 7, 27 nach, was dort steht:
Zitat von Varro, L.L. 7 auf http://www.thelatinlibrary.com/varro.ll7.html*** foedesum foederum, plusima plurima, meliosem meliorem, asenam arenam, ianitos ianitor. Quare e Casmena Carmena, e Carmena R extrito Camena factum. Ab eadem voce canite, pro quo in Saliari versu scriptum est cante, hoc versu: [...]
Ja, Varro behandelt hier lediglich das Phänomen des Rhotazismus.
Ob diese Varro-Stelle jedoch als Argument für die Thewrewk/Bugge-Emendation bzw. -Konjektur MELIOSEM bei Paul. ex Fest. reicht, sei dahingestellt. Aber letztlich kann es uns ja egal sein, was für eine Konjektur an dieser Stelle zu bevorzugen ist...
Vielen Dank für deine Nachforschungen! Ich bin auch der Ansicht, dass wir MELTOM als falsche Lesart einstufen sollten, werde aber trotzdem noch im Thesaurus und OLD nachsehen.