Phantastisch, aber ich glaube, du musst aufpassen, dass du nicht zu weit vom Weg abweichst ...
Hier ist mein nächstes Problem: Wie dekliniert man im Lateinischen das aus dem Griechischen kommende Wort MYS? L&S: mys, myos, m., = mus, a sea-mussel , Plin. 32, 11, 53, § 149; 9, 35, 56, § 115.
In den Latein-Grammatiken habe ich diesbezüglich nichts gefunden, oder besser gesagt: Ich verstehe nicht alles, was dort über griechische Wörter steht.
zu HIN: Nun, lieber Linhart, solche Ausschweifungen gehören für mich zu meiner "Spielwiese" dazu! Ich "schwelge" gern, hatte einfach meinen Spaß daran und war froh, die hervorragende Bibel-Webseite http://www.biblos.com/ gefunden und auch gleich ausprobiert zu haben. Und ich wollte dir und den Lesern dieses Forums das, was ich Interessantes zum Wort HIN gefunden hatte, dann auch nicht vorenthalten. ;-)
Doch nun gehen wir über zur Tagesordnung: MYS, MYOS (a sea-mussel).
Eintrag MYS im L&S
MYS
Dieses Wort müsste meines Wissens und nach eingehender Konsultation der beiden altgriechischen Grammatiken Ars Graeca und Organon, in deren Besitz ich bin, zur 3. Deklination der Stämme auf -ῦ (langes Ypsilon) gehören.
Das Deklinationsschema von MYS, das dann dem Paradigma von ἰχθῦς (ichthýs, der Fisch) entspräche, würde dann im Griechischen wie folgt lauten (nebenbei bemerkt: es gibt im Altgriechischen keinen Ablativ):
Transliteriert ins Lateinische ergäben sich für MYS dann folgende zulässige Beugungsformen:
Singular: MYS MYOS MYI MYON MY Plural: MYES MYON MYSI(N) MYS MYES
Das ergibt in Scrabble-Hinsicht folgende Formen: MY MYI MYS MYES MYON MYOS MYSI MYSIN
...wobei man natürlich nicht weiß, ob alle diese Formen auch in der lateinischen Literatur belegt sind. Wie sollen wir da verfahren?
Weitere Ausschweifungen in Bussinchen-Art sind bei dieser Muschel nicht notwendig...
...das lateinischen Wort MUS (Maus) und das griechische Fremdwort MYS die gleiche Etymologie haben.
Muskel
Die im Deutschen seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts bezeugte Bezeichnung der fleischigen Teile des tierischen oder menschlichen Körpers, die durch Zusammenziehung und Erschlaffung Bewegung vermitteln, ist aus lateinisch musculus „Muskel” entlehnt. Dies ist eine Verkleinerungsbildung zu lateinisch mus „Maus” und bedeutet demnach eigentlich „Mäuschen”. Die Bedeutungsübertragung des Wortes, die vielleicht auf einem Vergleich der unter der Haut zuckenden Muskeln mit einer laufenden Maus beruht, findet sich entsprechend auch in anderen Sprachen. Vergleiche z. B. griechisch mys „Maus; Muskel” und deutsch „Maus” im Sinne von „Muskel an Arm und Fuß” (schon althochdeutsch), insbesondere „Muskelballen des Daumens”. Lateinisch musculus wurde auch in der Bedeutung „Miesmuschel” gebraucht; in diesem Sinne ist es die Quelle für unser Lehnwort „Muschel”.
Aus: Duden – Das Herkunftswörterbuch. Mannheim 2007.
Zitat von linhartHier ist mein nächstes Problem: Wie dekliniert man im Lateinischen das aus dem Griechischen kommende Wort MYS? L&S: mys, myos, m., = mus, a sea-mussel , Plin. 32, 11, 53, § 149; 9, 35, 56, § 115.
Nun stellt sich die Frage, wie es in den Spellchecker-Listen zu den Formen MYIS, MYE, MYM, MYN kommt. Im Moment kann ich mir diese Formen nicht erklären. Ich muss mal überlegen, wie man dieses Problem anpacken könnte.
Vielleicht mal bei unserem Freund Plinius nachgucken, was der dazu sagt?
Es ist seltsam, dass man auf der Perseus-Seite bei Plinius, Naturalis Historia, Buch XXXII, Kap. 11, das Wort MYS (oder Flexionsformen davon), gar nicht findet.
Könnte es sein, dass in den Spellchecker-Listen zumindest bei den Formen MYIS, MYM der hier nicht anwendbare, weil völlig falsche Deklinationstypus des einsilbigen lateinischen Wortes VIS (die Kraft, Stärke) pauschal zugrunde gelegt wird?
vis, (Gen. und Dat. fehlt: defektiv) vim, vi vires, virium, viribus, vires, viribus
Im Moment kann ich mir die Formen MYIS und MYM nicht erklären, aber auch mit MYE und MYN kann ich nichts anfangen. Ich muss mal überlegen, wie man dieses Problem anpacken könnte.
Vielleicht mal bei unserem Freund Plinius nachgucken, was der dazu sagt?
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Wenn ich keine anständigen Belege für MYIS, MYE, MYM und MYN finde, würde ich dazu tendieren, diese Formen für unzulässig zu erklären.
Also eines kann ich mit ziemlicher Sicherheit ausschließen, nämlich dass die Deklinationsendungen von MYS etwas mit VIS zu tun haben. In der Spellcheckerliste der Endungen (la.aff) gibt es einfach eine Deklinationstabelle für Wörter, welche auf -ys enden und mit dem Code m versehen sind. Diese Tabelle schaut im Wesentlichen so aus:
ys yos yis ym yn ye y
Ich weiß natürlich nicht, wie sie zustande gekommen ist. Interessant ist aber vielleicht, dass man in der folgenden Latein-Grammatik doch zumindest die Singularendungen eines Wortes auf -ys nach der 3. Deklination findet: http://perseus.uchicago.edu/cgi-bin/phil...rseusMonographs Diese Tabelle sieht so aus:
Dabei fällt besonders auf, dass es hier doch einen Ablativ gibt. Die übrigen Endungen stimmen bis auf -yn mit den von dir angegebenen überein. Bei -yn handelt es sich vielleicht um eine im Lateinischen übliche Variante von -yon. Das würde zumindest auch MYN erklären.
In der Spellchecker-Liste der Grundformen (la.dic) gibt es insgesamt 19 Wörter auf -ys mit dem Code m. Einige davon sind relativ lang und daher nicht so interessant. Hier sind die mit maximal 8 Buchstaben:
Die mit Stern (*) versehenen kommen in L&S nicht vor. Es geht also um ziemlich wenige Wörter.
Bei chelys ist angegeben, welche Beugungsformen im Lateinischen verwendet werden:
Zitat chelys, acc. chelyn, voc. chely (other cases apparently not in use)
Bei den anderen könnte ich mir vorstellen, dass wir einfach nur Nominativ und Genitiv zulassen, solange wir nicht explizit einen Beleg für andere Formen finden.
Stimmt, auch wenn es im Griechischen keinen Ablativ gab, so mussten die Römer doch analog zu lateinischen Deklinationen irgendeine Ablativform kreieren, weil es im Lateinischen ja nun mal den Ablativ gab.
Dies würde die Form MYE erklären, die dann wohl zulässig ist.
Was die Akkusativformen MYON oder MYN betrifft, bin ich mir unsicher. Hierzu Aussagen zu treffen wäre wohl ein Fall für Spezialisten wie Niklas Holzberg.
Aber ich versuche trotzdem mal, nach bestem Vermögen zu argumentieren:
Möglicherweise liegt hier schwankender Gebrauch vor, vgl. in unserem heutigen Deutsch den schwankenden Plural des girechischen Fremdwortes SCHEMA, wo laut Duden drei verschiedene Pluralformen zulässig sind: SCHEMAS, SCHEMATA, SCHEMEN. So war es möglicherweise auch im Lateinischen, wo ich mir vorstellen könnte, dass es vielleicht drei parallel mögliche Akkusativformen gegeben hat: MYON, MYM, MYN.
Zitat von BussinchenWenn ich keine anständigen Belege für MYIS, MYE, MYM und MYN finde, würde ich dazu tendieren, diese Formen für unzulässig zu erklären.
Nach dem bisher Gesagten wären die Formen MYE (Ablativ), MYM und MYN (alternative Akkusativformen neben MYON) also erklärbar.
Mit MYIS stehe ich momentan noch auf Kriegsfuß, könnte mir aber denken, dass das eventuell eine Akkusativ-Plural-Form sein soll.
Zitat von LinhartBei den anderen könnte ich mir vorstellen, dass wir einfach nur Nominativ und Genitiv zulassen, solange wir nicht explizit einen Beleg für andere Formen finden.
Und wie verbleiben wir hier bzw. wie hast du es gemacht?
Ich habe bis jetzt noch keine Entscheidung getroffen (außer bei den dreibuchstabigen Wörtern). Du hast ja geschrieben, dass du bei MYIS noch unsicher bist.
(Ich bin bei den vierbuchstabigen Wörtern erst beim D.)
Zitat von BussinchenEs ist seltsam, dass man auf der Perseus-Seite bei Plinius dem Älteren, Naturalis Historia, Buch XXXII, Kap. 11, das Wort MYS (oder Flexionsformen davon), gar nicht findet.
Im Moment komme ich auf der Perseus-Seite, glaube ich, nicht weiter.
Ich habe hier den online abrufbaren Text von Plinius gefunden: http://penelope.uchicago.edu/Thayer/L/Ro...ny_the_Elder/32*.html Hier findet sich im Buch XXXII, Abschnitt LIII tatsächlich ein Beleg für den Nominativ MYS. (Ich verstehe nicht die Nummerierung der Plinius-Textstellen bei Perseus.) MYIS- findet sich dort nur als Bestandteil der Wörter MYISCAS und MYISCUS, nicht aber als eigenständiges Wort:
Zitat von Plinius 32.53 auf http://penelope.uchicago.edu/Thayer/L/Ro...ny_the_Elder/32*.html 1. 98 degenerant in duas species: mitulos, qui salem virusque resipiunt, myiscas quae rotunditate differunt, minores aliquanto atque hirtae, tenuioribus testis, carne dulciores.
2. [...] 149 hippos, hippuros, hirundo, halipleumon, hippocampos, hepar, ictinus, iulis, lacertorum genera, lolligo volitans, locustae, lucerna, lelepris, lamirus, lepus, leones, quorum bracchia cancris similia sunt — reliqua pars locustae —, mullus, merula inter saxatiles laudata, mugil, melanurus, mena, maeotes, murena, mys, mitulus, myiscus, murix, oculata, ophidion, ostreae, oti, orcynus — hic est pelamydum generis maximus neque ipse redit in Maeotim, similis tritomi, vetustate melior —, [...]
L&S in Glossa.exe:
myiscae, ārum, f., = μυισκαι, I. small sca-mussels, Plin. 32, 9, 31, § 98; 32, 11, 53, § 149.
myiscus, i, m., I. a small sea-mussel, Plin. 32, 11, 53, § 149.